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Abenteurer Thomas Meixner aus Raguhn-Jeßnitz Einmal um die ganze Welt

Mit dem Fahrrad durch alle fünf Kontinente: Der Abenteurer Thomas Meixner aus Raguhn-Jeßnitz berichtet in Halle und Bitterfeld-Wolfen von seinen großen Reisen.

Von M athias Schulze 14.03.2024, 17:16
Hoch hinaus: Weltenradler Thomas Meixner am Nordkap, dem nördlichsten Punkt Europas
Hoch hinaus: Weltenradler Thomas Meixner am Nordkap, dem nördlichsten Punkt Europas (Foto: Meixner)

HALLE/MZ. - Kündige deine Wohnung! Kündige deine Arbeit! Und reise mit deinem Fahrrad einmal um die Welt! Jetzt! Na, wer zuckt zusammen? Wer schüttelt sofort den Kopf, um Sekunden später – vielleicht nur kurz – Sehnsucht zu empfinden? Was für eine lächerliche Fragestellung?!

Thomas Meixner, Jahrgang 1965 und geboren in Wolfen, stand 1998 vor genau dieser Konstellation. Sollte er es tun? Oder sollte er warten, bis er einen Reisepartner für seinen Australien-Trip gefunden haben würde? Das Ganze war ja ursprünglich zu zweit geplant. „Ich habe damals mit mir gerungen“, erzählt Meixner. Sanfter Druck kam von außen, der Bürgermeister von Wolfen hatte eine öffentliche Verabschiedung geplant. Meixner fasst die damals entscheidenden Überlegungen zusammen: „Was soll’s! Lieber scheitern, als es nie versucht zu haben!“

Durch Hitze und Sturm

Australien war für ihn aber nicht genug, drei Jahre und sieben Monaten später hatte Meixner 36 Länder bereist und 98.951 Kilometer zurückgelegt. Die Weltumrundung war geschafft. Als er 2001 wieder in Raguhn-Jeßnitz (Landkreis Anhalt-Bitterfeld) war, war er der „Weltenradler“: Vorträge, Diashows, Reiseberichte. Die Leute rannten ihm die Bude ein. Plötzlich gab es einen, einen von uns, der sich etwas getraut hatte – etwas Wahnwitziges. Und er kann davon erzählen – in unserer Sprache, stundenlang! Meixner erfüllt Sehnsüchte.

Schenkt man ihm Gehör, erzählt Meixner vom Auskommen mit minimalsten Habseligkeiten, von der Einsamkeit in den Weiten Russlands, von Menschen auf der ganzen Welt, die oft kaum mehr als ihre Freundlichkeit haben. Von Kindern, die in Indien Rikschas fahren müssen, um für ihre Familie zu sorgen und von dem Luxus, den wir in Mitteleuropa genießen dürfen. Und er erzählt von Überfällen und Nächten in Untersuchungshaft, von Gegenwind, Dauerregen, Sandsturm oder Hitze. Meixner sucht die Lebensrealität der Einheimischen, nicht die touristischen Standardziele.

„Ich war und bin ein Hippie“

Und die gesellschaftlich-politischen Verhältnissen der einzelnen Länder? „Damit komme ich während der Gespräche mit den Menschen in Berührung“, sagt Meixner. Das möchte er weitergeben, er kennt die deutschen Verhältnisse. Also beschreibt er beispielsweise Viktor Orbáns Ungarn: „Wenn wir solche Zustände hier kriegen, dann Gute Nacht!“ In mehr als 25 Jahren hat Meixner mittlerweile jeden Kontinent mindestens einmal durchradelt. Nur er, das Fahrrad, ein Zelt und die technischen Mittel, um später Zeugnis abzulegen. Situationen, in denen sein Schicksal in den Händen der Natur oder in der Hilfsbereitschaft Anderer lag, gab es oft. Was denkt er dann? Der Globetrotter ist bescheiden: „Wenn der große Geist des Universums sagt, bis hier und nicht weiter, wäre das okay. Viele Menschen in unserer Gesellschaft haben vergessen, dass es am Ende für alle dasselbe Ergebnis gibt: den Tod.“ Aber wie wurde er ein Weltenbummler? Die Mutter war Chemielaborantin, der Vater Funkmechaniker, zum Zelten ging es nach Mecklenburg, einmal pro Jahr nach Bulgarien. Aber aus dem Radio kam Rock’n’Roll und Blues! Meixner ließ sich die Haare wachsen, gelernt hat er Elektroinstallateur: „Ich war und bin ein Hippie.“

In den 1980er Jahren begann er mit Trampen. Verirrten sich Langhaarige in die ostdeutschen Sperrgebiete, wurde die Staatsmacht hellhörig. Prägende Erfahrungen, die Meixner so formuliert: „Auf meinen Touren bis ’89 kam ich in drei Verhöre, einmal wurde ich für fünfeinhalb Stunden weggesperrt. Ich habe denen alles offen und ehrlich erzählt. Als ich mal auf Tour war, haben Polizisten zu Hause bei meiner Freundin geklingelt. Die haben nicht einmal gegrüßt, sondern nur eine Frage gestellt: Wissen Sie, wo ihr Freund ist?“

1991 wurde er als Elektroinstallateur entlassen. Meixner feixt in sich hinein: „Arbeitslosigkeit. Das war ein neues Wort.“ Mit Reisepartnern nutzte er dann die neue Freiheit: Afrika, Skandinavien, USA. Von 1992 bis 1998 arbeitete er als Mechaniker in einem Fahrradladen in Wolfen-Nord. Und dann kam die Erdumrundung, Jahr für Jahr nahm das bewusstere Wahrnehmen der Welt zu. Dann kamen Vorträge und Lesungen, Fotostrecken und Videos.

Alles in einer Hand

„Ich organisiere alles allein. Marketing, Poster aufhängen, Bühnenaufbau. Das ist eine knüppelharte Arbeit“, betont der „Weltenradler“. Hand aufs Herz: Was ist  die wichtigste Erkenntnis, die er einsammeln durfte? Meixner antwortet mit den Worten Alexander von Humboldts: „Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die Weltanschauung der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.“ Thomas Meixner im Internet: www.thomasmeixner.de