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Musiklegende Brian Wilson: Der Beach Boy, der nicht surfen wollte

Der geniale Komponist, Musiker und Produzent von Hits wie „Help Me, Rhonda“ und „I Get Around“ und „Fun Fun Fun“ stirbt mit 82 Jahren. Das Leben des Genies glich einer Achterbahnfahrt.

Von Steffen Könau Aktualisiert: 12.06.2025, 11:28
Brian Wilson von den Beach Boys bei einem Auftritt in Leipzig.
Brian Wilson von den Beach Boys bei einem Auftritt in Leipzig. Foto: Steffen Könau

Halle/MZ. - Auf dem Höhepunkt seiner künstlerischen Schaffenskraft war er im Rausch. Brian Wilson, mitten im Zweiten Weltkrieg im kalifornischen Inglewood geboren und in Los Angeles aufgewachsen, hatte sich vorgenommen, mit seiner Band The Beach Boys bedeutendere Kunst und größere Hits zu produzieren als die Beatles.

Mit „Pet Sounds“ und dem Hit „Good Vibrations“ hatte der 24-Jährige bewiesen, dass die Gruppe, die er mit seinen Brüdern, einem Cousin und einem alten Schulfreund gegründet hatte, mehr war als ein Haufen schlagersingender Surfer. Der Nachfolger „Smile“ sollte nun alles in den Schatten stellen und Wilsons Ruf als größtes Musikgenie der 60er untermauern.

Drogen und Depressionen

Der Versuch wird zum Desaster. Wilson ist nie zufrieden, weder mit den Musikern noch mit sich selbst. Er rutscht in Depressionen ab, lebt von Drogen und verliert jeden Kontakt zur Wirklichkeit außerhalb des Studios. Die Songs, die damals eingespielt werden, brauchen letztlich ein Vierteljahrhundert bis zur Veröffentlichung.

Diese erfolgt erst, als Wilson mehrere tiefe Täler durchschritten hat. Beim Abschied von den Drogen hilft ihm ein Psychotherapeut, der allerdings für Wilson zum Guru wird. Erst nach Jahren wird sein jüngerer Bruder und Bandkollege Dennis darauf aufmerksam, dass Brian Wilson nicht mehr in der Lage ist, für sich selbst zu sorgen.

Zurück auf der Bühne

Das musikalische Hirn der Beach Boys, die mit einer Rekordserie von zwanzig Top-40-Singles in ihre Karriere gestartet waren, braucht Jahre, um zu sich selbst zurückzufinden.

Dann aber ist Wilson wieder da, sogar auf der Bühne, die er seit Anfang der 60er Jahre gemieden hatte. Groß und ungelenk, aber voller Leidenschaft für seine Lieder, so präsentiert sich der Autor von „Fun Fun Fun“ und „Little Surfer Girl“ bei seinen Auftritten. Das Drama des einstigen Erfinders der Surfhymne, der über seiner Kunst verzweifelte, seelisch krank wurde und für Jahrzehnte aus der Öffentlichkeit verschwand, ist nur noch ein Schatten, den eine opulente Band aus Bläsern, Keyboardern, Gitarristen und Schlagwerkern neben Wilson zuverlässig verjagt.

Spätestens zur halbzeit seiner Konzerte, wenn "Sloop John B", "Surfer Girl" und "Good Vibrations" erklingen, wirkt der große alte Mann glücklich. Wilson, der Wassersport gar nicht mochte und schon gar kein Surfer war, lebt im Rentneralter endlich seinen Traum vom Dasein als lockerer, lässiger Popstar.

Zwei eigenen Kindern ist Wilson ein Vater, fünf weitere haben er und seine Frau Melinda adoptiert. Er ist anerkannt und geachtet. Selbst Paul McCartney, als Beatle in den 60er-Jahren einer der Konkurrenten, die Wilson mit „Help Me, Rhonda“ und „I Get Around“ unbedingt hatte übertreffen wollen, verneigt sich vor ihm, als er einräumt, dass Wilsons Werk „Pet Sounds“ die Beatles zu ihrem Meisterwerk „Sgt. Pepper“s Lonely Hearts Club Band“ inspiriert hat.

Bis fast ganz zuletzt steht Brian Wilson auf der Bühne, schon von Krankheit gezeichnet. Jetzt ist der singende Surfer, der nie gesurft war, im Alter von 82 Jahren gestorben.