Kormorane Kormorane: Schrecken der Fischer erhitzt die Gemüter
HALLE/MZ. - Knapp einen Meter groß, schwarze Federn, meisterhafte Tauchqualitäten und total unbeliebt: der Kormoran. Seit der Fischjäger vor zwei Wochen vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) und dem bayerischen Landesbund für Vogelschutz zum "Vogel des Jahres 2010" gekürt wurde (die MZ berichtete), ist zwischen den Naturschützern und den Fischern sowie Anglern eine Diskussion darüber entbrannt. Die Empörung von letzteren ist groß - auch in Sachsen-Anhalt. Für Detlef Thiele zum Beispiel ist der Kormoran zwar "einer der intelligentesten Vögel" - was jedoch nicht bedeutet, dass der Präsident des Landesfischereiverbandes ihn sonderlich mag. Richte der gefräßige Großvogel bei den Fischbeständen doch beträchtlichen Schaden an. Der Kormoran gilt auch hier - seit er Anfang der 90er Jahre in der Region heimisch wurde - als Problemvogel. Insofern sei die Entscheidung der Naturschützer bei vielen Fischern und Anglern "wie eine kleine Kriegserklärung" angekommen, so Thiele.
"Allein sieben Kormorane fressen ungefähr eine Tonne Fisch pro Jahr", macht der Geschäftsführer des Halleschen Anglervereins, Ralf Möller, deutlich. Durch die Präsenz des Vogels, der "in unserer Region historisch nicht belegt ist", sei das natürliche Gleichgewicht in den Gewässern bedroht: "In Bereichen der Mulde und der Saale fehlen komplette Jahrgänge." Und die Äsche drohe in Sachsen-Anhalt durch den Kormoran auszusterben. "Für mich ist er ein Schädling." Der Landesanglerverband fordert in einer Erklärung "ein Kormoranmanagement, wie es in anderen Bundesländern bereits üblich ist". Die per Gesetz geschützte Art sei "nachweislich nicht gefährdet".
Tatsächlich gibt es in Sachsen-Anhalt, wo 800 bis 1 000 Brutpaare leben, keine Kormoran-Verordnung, die den Abschuss der Tiere zu bestimmten Zeiten erlaubt, sagt Annette Leipelt, Sprecherin von Nabu Sachsen-Anhalt. "Wir sind in der glücklichen Lage, dass die Probleme nicht so massiv wie anderswo sind." So sei die Fischerei- und Teichwirtschaft hier längst nicht so ausgeprägt wie in anderen Bundesländern. Es sei bekannt, dass der Kormoran besonders dort große Schäden anrichtet. Durch Ausnahmegenehmigungen werde im Einzelfall geregelt, unter welchen Bedingungen der Vogel gejagt werden darf, so Leipelt. Solche Genehmigungen gebe es etwa im Burgenlandkreis und im Kreis Anhalt-Bitterfeld. Jeder Abschuss müsse gemeldet werden. Daher wisse man, dass davon "kaum Gebrauch gemacht wird".
Einzelfallregelungen lösen das Problem nicht, sagt Detlef Thiele. Der Vogel weiche schlicht aus. Man müsse den Bestand eindämmen. "Unsere Forderung ist, zu versuchen, in die Kolonien einzugreifen - etwa Eier wegzunehmen." Solange es jedoch auf EU-Ebene keine Regelung gibt, sei eine Lösung in Sachen Problemvogel nicht in Sicht.