Konzern verschärft Kontrollen in S-Bahn Konzern verschärft Kontrollen in S-Bahn zwischen Halle und Leipzig: Mit Fahrrad am Bahnsteig gestrandet

Halle (Saale)/Leipzig - Überfüllte Züge, ausgebremste Pendler und kein Pardon: Die Deutsche Bahn macht offenbar Ernst mit ihrer Ankündigung, die Fahrradmitnahme in den mitteldeutschen S-Bahnen schärfer zu kontrollieren und Radfahrern gegebenenfalls den Zustieg zu verweigern. Der MZ sind allein aus der vergangenen Woche zwei Fälle bekannt, in denen in Halle und in Leipzig Radler am Bahnsteig zurückbleiben mussten.
Der Konzern hatte die Kontrollen vor mehr als zwei Wochen bekanntgegeben und auch Obergrenzen für die Fahrradmitnahme genannt. Demnach sind zum Beispiel in einem kurzen dreiteiligen S-Bahn-Zug maximal zwölf Räder zulässig.
Pendler auf Strecke Halle-Leipzig sind Leidtragende
Das Unternehmen beruft sich dabei auf Bestimmungen des Mitteldeutschen Verkehrsverbundes, der den Nahverkehr im Großraum Halle/Leipzig organisiert. Die Obergrenzen gibt es schon länger, sie waren bisher aber nie öffentlich mitgeteilt worden.
Leidtragende sind Pendler wie Anke Stock (Name geändert), die drei Mal in der Woche von Halle nach Leipzig zur Arbeit und zurück pendelt, stets mit Fahrrad. Sie schildert in einer Mail an die MZ, wie sie an einem Nachmittag in Leipzig nicht mitgenommen wurde: Der Zug habe „nur einen Wagen mit defekten Türen“ gehabt, sie und drei bis vier andere Reisende seien „unfreundlich zurückgewiesen“ worden. Wenige Tage später blieb sie morgens in Halle stehen, dabei sei aus ihrer Sicht noch Platz gewesen. Es seien aber noch nicht einmal die zwölf zulässigen Räder transportiert worden.
Es gibt kein Recht auf Fahrradmitnahme in der Bahn
Stock beschwerte sich per Mail bei der Bahn und der Landesnahverkehrsgesellschaft Nasa. Die Antworten, die der MZ vorliegen, enttäuschten sie: Die Unternehmen beriefen sich auf geltende Bestimmungen, im übrigen gebe es kein Recht auf Fahrradmitnahme. Eine Antwort auf ihre Frage, warum einerseits Radfahrern die Türen verschlossen blieben, die Bahn sich aber andererseits als nachhaltiges Verkehrsmittel darstelle, bekam sie nicht.
Formal ist die Bahn im Recht, doch Stock ist frustriert: Es sei keine Lösung, Radfahrer einfach stehen zu lassen, schimpft sie. Für Pendler wie sie ist die regelmäßige Zugfahrt mittlerweile zum Lotteriespiel geworden: Bei der Rückfahrt in Leipzig versucht sie, eine Station früher zuzusteigen - in der Hoffnung, dass dann noch genügend Platz im Zug ist. Oder sie nimmt morgens einen späteren Zug. Zum Glück seien ihre Arbeitszeiten flexibel, sagt sie. Das rät auch die Bahn: Radfahrer sollten auf weniger nachgefragte Verbindungen ausweichen.
Wie viele Radfahrer seit Bekanntgabe der Kontrollen zurückgewiesen worden sind, ist unklar. Das werde nicht erfasst, sagt ein Bahnsprecher. Er legt Wert auf die Feststellung, dass Zugbegleiter in Schulungen darauf vorbereitet würden, wie man Zurückweisungen „freundlich an den Fahrgast bringt“. (mz)