Karneval in Thüringen Karneval in Thüringen: NSA-Affäre liefert Narren Futter

Wasungen/Erfurt/dpa - NSA-Abhöraffäre, zerstrittene Landesregierung und große Koalition in Berlin: Die Politik hat den Thüringer Narren in diesem Jahr wieder reichlich Futter geliefert. Nicht nur beim großen Faschingsumzug in Erfurt feierten die Karnevalisten aber vor allem sich selbst. Etwa 2.500 Aktive zogen oder rollten am Sonntag etwa zwei Stunden durch die dicht von Schaulustigen gesäumten Straßen der Erfurter Innenstadt, Unmengen von Konfetti, Luftschlangen und Bonbons rieselten unter „Erfordia Helau“ und „Hejo“-Rufen auf die Besucher herab.
Vor allem die NSA-Abhöraffäre beflügelte die Fantasie der Motivwagenbauer. In Erfurt rollten ganze Wagenladungen als NSA-Agenten verkleideter Narren durch die Stadt und warfen fleißig Kamelle; Parolen wie „Yes we scan“, „O'zapft is“ und „Früher wachte Hammer und Sichel, heute der NSA über den deutschen Michel“ zierten die Umzugswagen.
Landesregierung kommt nicht gut weg
Wenig zimperlich gingen die Karnevalisten mit der Landesregierung um. In Anspielung auf die Versorgungsaffären um Ex-Wirtschaftsminister Matthias Machnig und den früheren Regierungssprecher Peter Zimmermann verwandelten sie Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht in einen dukatenproduzierenden Goldesel. Auf einem anderen Wagen schmorte Lieberknecht in des Teufels Küche - sprich: beim Koalitionspartner SPD. „Humor ist, wenn man trotzdem lacht“, lautete der närrische Rat. Für die Bundesregierung hatten die Karnevalisten Empfehlungen zum Geldeintreiben parat: „Pkw-Maut auch für Fußgänger!“
Auch dem traditionell eher kommunalpolitisch geprägten Faschingsumzug in Thüringens Karnevalshochburg Wasungen hatte am Samstag die große Politik ihren Stempel aufgedrückt. Bei Sonnenschein und frühlingshaften Temperaturen zogen knapp 2000 aktive Narren in rund 90 Umzugsgruppen zwei Stunden durch die Stadt. Nach Polizeiangaben verfolgten schätzungsweise 5.000 Schaulustige das Spektakel, bei dem nicht nur die vom NSA belauschte Kanzlerin Angela Merkel in Gestalt eines Motivwagens mitrollte, sondern in Anspielung auf die Steueraffären verschiedener Prominenter auch Westen weiß gewaschen wurden. Und anders als Berlin und Brandenburg präsentierten die Südthüringer einen fertigen Hauptstadtflughafen BER mit einem aus dem Tower lächelnden Klaus Wowereit.
Auch in anderen Thüringer Orten waren die Innenstädte am Wochenende fest in Narrenhand. Nicht überall ging alles glatt: In Roßleben (Kyffhäuserkreis) gingen am Samstag die Pferde einer Faschingskutsche durch und liefen in die Zuschauermenge, wobei zwei 43 und 53 Jahre alte Frauen schwer und ein 14-jähriges Mädchen leicht verletzt wurden. Die Kutsche war zum Unfallzeitpunkt unbesetzt. Laut Polizei hatte ein Atemalkoholtest beim Kutscher 5,5 Promille Alkohol ergeben, das Ergebnis der Blutprobe stand einem Sprecher zufolge am Sonntag noch aus. In Friemar (Landkreis Gotha) rutschte am Sonntag laut Polizei eine 55-jährige Frau vom Anhänger eines Traktors und wurde leicht verletzt.