Kamera-Affäre Kamera-Affäre: Justizzentrum überwacht Passanten

Magdeburg/MZ. - Von Bose zufolge ermöglichen die Kameras eine lückenlose Überwachung aller Bediensteten und Besucher des Justizzentrum weit über das rechtlich Zulässige hinaus. So würden auch Rechtsanwälte und deren Mandaten gefilmt. Ob diese davon wüssten, sei fraglich, weil nur ein einziges Schild am Parkplatz des Gebäudes auf die Videoüberwachung hinweise.
Diese sei zudem nicht nur auf das Justizzentrum begrenzt. Die Kameras erfassten auch den Breiten Weg bis hinüber zum Hundertwasserhaus. Die Überwachung erfolge nicht nur optisch, sondern auch akustisch, was verboten sei, so von Bose. Die Kamerabilder würden über Wochen gespeichert und nicht, wie vom Gesetzgeber vorgeschrieben, unverzüglich gelöscht, wenn es keine Hinweise auf Straftaten gebe. Als "besonders gravierend" bezeichnete der Datenschutzbeauftragte den Umstand, dass die Videoaufnahmen in mindestens einem Disziplinarverfahren gegen einen Mitarbeiter verwendet werden sollten. Dem Betroffenen sollte so nachgewiesen werden, dass er die Zeiterfassung nicht benutzt habe. Der Vorgang führte letztlich zur Aufdeckung der rechtswidrigen Kameraüberwachung. "Ich bin erschüttert", sagte von Bose der MZ, "einen vergleichbaren Fall hatten wir in Sachsen-Anhalt noch nicht." Von Bose verglich die Zustände im Justizzentrum mit dem Überwachungsskandal beim Discounter Lidl.
Das Justizministerium räumte gestern Versäumnisse ein, widersprach aber vehement dem Lidl-Vergleich von Boses. "Das ist absoluter Unsinn", sagte Sprecherin Ute Albersmann.
Im Gegensatz zu Lidl sei eine Kameraüberwachung in einem Justizgebäude, in dem auch Fälle vor organisierter Kriminalität bearbeitet würden, notwendig. Die monierten Probleme, wie akustische Überwachung und ein zu großer Schwenkbereich der Kameras, seien sofort gelöst worden. Die Verwendung von Aufnahmen für ein Disziplinarverfahren bestritt Albersmann: "Es gab so eine Drohung, doch diese ist nie umgesetzt worden." Ein Erlass des Ministeriums verbiete ein solches Vorgehen. Albersmann kündigte an, dass weitere Hinweisschilder aufgestellt werden und die Videoaufnahmen nach drei Tagen gelöscht würden.