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Justizministerium moniert Stahlsknechts Pläne Justizministerium moniert Stahlsknechts Pläne: 20 Hilfspolizisten für Sachsen-Anhalt

Von Hendrik Kranert-Rydzy 11.01.2016, 22:14
Holger Stahlknecht (CDU), Innenminister von Sachsen-Anhalt.
Holger Stahlknecht (CDU), Innenminister von Sachsen-Anhalt. DPA Lizenz

Magdeburg - In Sachsen grüßt die Werbung von nahezu jeder Bushaltestelle: Wachpolizisten gesucht. 550 Stellen hat Innenminister Markus Ulbig (CDU) zum Aufbau einer Hilfspolizei ausgeschrieben; sie sollen die reguläre Polizei etwa bei der Bewachung von Flüchtlingsunterkünften unterstützen. Die Nachfrage ist nach Angaben der sächsischen Bereitschaftspolizei groß, „wir dürften die 1 000 bereits geknackt haben“, sagte Sprecher Stefan Walter am Montag der MZ. Am 1. Februar soll die Ausbildung der ersten 50 beginnen, im Zwölf-Wochen-Abstand immer jeweils 100 weitere Anwärter folgen.
Sachsen-Anhalt ist von solchen Zahlen weit entfernt: Zwar will auch Innenminister Holger Stahlknecht die Personalnot der hiesigen Landespolizei ebenfalls mit Hilfspolizisten verbessern. Doch statt 550 sollen es 300 weniger werden - und in solchen Riesenschritten wie in Sachsen marschiert Stahlknecht auch nicht: 20 Hilfspolizisten sollen zunächst bis Juni dieses Jahres eingestellt werden, 100 bis Ende 2016. Und im Gegensatz zu Sachsen gibt es kein Gesetz, in dem das geregelt ist, sondern lediglich eine Verordnung auf Geheiß Stahlknechts am Parlament vorbei. Vorausgegangen war ein formidabler Koalitionskrach, bei dem sich CDU und SPD die Schuld gegenseitig vorwarfen, für das Scheitern einer Gesetzeslösung verantwortlich zu sein.

Bedenken des Justizministeriums

Doch auch Stahlknechts Verordnung ist nicht vom Glück verfolgt: Das Justizministerium hat „ganz erhebliche Bedenken“ angemeldet, Hilfspolizisten per Verordnung einzustellen, wie aus einem der MZ vorliegenden Schreiben hervorgeht. Eine Notlage, mit der Stahlknecht die Einstellung Verordnung begründet, sei nicht erkennbar, heißt es in einer Stellungnahme des Justizministeriums. Auf eine solche Notlage laut Paragraf 83 des Gesetzes über die Sicherheit und Ordnung, kurz Polizeigesetz, ist aber nötig, um eine Hilfspolizei auf die Beine stellen zu können.

Dort ist erläutert, wann eine Hilfspolizei zur Unterstützung der Polizei in Notfällen einberufen werden kann, nämlich bei Naturereignissen, Seuchen, Brände, Explosionen, Unfälle oder ähnliche Vorkommnisse. Der einzige Notstand, der sich aber aus Stahlknechts Erlass ableiten ließe, sei der Personalnotstand, heißt es süffisant. Ob zudem die Flüchtlingssituation etwa mit einem plötzlichen Katastrophenfall gleichzusetzen sei, zieht das Justizministerium ebenfalls erheblich in Zweifel. Äußern will sich das Ministerium auf MZ-Anfrage jedoch nicht.

"Massive Eingriffe in Bürgerrechte"

„Angesichts der rechtlichen Bedenken ist die Verordnung nicht akzeptabel“, sagte SPD-Landtagsfraktionsvize Rüdiger Erben der MZ. „Stahlknecht sollte bis zur Landtagswahl die Finger davon lassen, wir reden hier schließlich über mögliche massive Eingriffe in Bürgerrechte auf einer rechtlich fragwürdigen Basis.“ Indirekt drohte Erben gar mit eine Verfassungsklage, sollte Stahlknecht an seinem Vorhaben festhalten.

Entbinden von nichtpolizeilichen Aufgaben

Auch die Gewerkschaft der Polizei kritisierte Stahlknechts Pläne scharf: „Das ist nichts, das ist nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagte Landeschef Uwe Petermann zu den in Aussicht gestellten 20 Hilfspolizisten in einem halben Jahr. Petermann forderte stattdessen von Stahlknecht, endlich dafür zu sorgen, dass Polizisten von nichtpolizeilichen Aufgaben entbunden werden. „Allein 30 Polizisten fahren den ganzen Tag Busse mit Flüchtlingen durchs Land, warum kann man dafür keine regulären Busfahrern nehmen?“, fragt Petermann.
Stahlknecht beirrt der Gegenwind unterdessen nicht: „Ich werde die Verordnung erlassen, unabhängig von der Stellungnahme des Justizministeriums.“ Er sei rechtlich völlig anderer Auffassung, „das Justizministerium hat nicht juristisch sondern fast schon politisch argumentiert“, so Stahlknecht. Rechtlich bindend ist die in der Geschäftsordnung der Landesregierung vorgeschriebene Prüfung der Verordnung ohnehin nicht: Die Entscheidungsgewalt liegt allein beim Minister. (mz)