Jugendarrestanstalt in Halle Jugendarrestanstalt in Halle: Schließung wegen Personalmangels?
Halle (Saale)/Magdeburg - In der einzigen Jugendarrestanstalt in Sachsen-Anhalt herrscht seit Monaten extremer Personalmangel. Sollte dieser nicht kurzfristig behoben werden, wird nach MZ-Informationen gar eine Schließung des Hauses direkt neben dem Gefängnis „Roter Ochse“ erwogen. Jugendliche Straftäter könnten in Sachsen-Anhalt dann nicht mehr in Arrest genommen werden. Justizministerin Angela Kolb (SPD) räumte ein, dass sie derzeit keine Möglichkeiten habe, die Personalnot zu lindern.
Straftäter und Schulschwänzer
Im Haus werden sowohl jugendliche Straftäter als auch notorische Schulschwänzer untergebracht. Jugendarrest ist dabei die letzte Sanktionsmöglichkeit des Staates vor der Verhängung einer Jugendstrafe. Die Arrestanten verbringen dabei maximal vier Wochen in der Anstalt. Gegen notorische Schulbummelanten wiederum wird Arrest verhängt, wenn sie Geldbußen oder Sozialstunden nicht ableisten.
Die Jugendarrestanstalt war in punkto Ausstattung und Betreuung lange ein Sorgenkind - inzwischen seien die Probleme aber behoben, sagte die Vollzugsleiterin, Amtsrichterin Martina Leske. Die Zimmer für die Arrestanten seien allesamt saniert, gleiches gelte auch für die Gemeinschaftsräume. Seit einem Jahr werden die Jugendlichen auch jeden Werktag von externen Lehrern unterrichtet, so dass infolge des Arrests nicht weiter Unterricht versäumt wird.
Besetzung der Anstalt wird zum Problem
Zu einem gravierenden Problem hat sich aber die Besetzung der Anstalt mit Vollzugsbeamten entwickelt. Von den planmäßig zehn Bediensteten gibt es praktisch nur acht. Doch auch diese Zahl ist seit Monaten nur Fiktion - zwei Mitarbeiter sind dauerkrank. Dies räumte Justizministerin Kolb auch auf eine Anfrage der Landtagsabgeordneten Eva von Angern (Linke) ein.
„Sie haben den Finger in die Wunde gelegt“, sagte Kolb, sie sei mit der derzeitigen Personalsituation „nicht zufrieden“. Nur: Eine Lösung kann die Ministerin nicht anbieten. Dabei ist die Situation dramatisch: Von Angern zufolge müssten eigentlich zwölf Mitarbeiter Dienst im Jugendarrest tun, um Urlaubs- und Krankheitsfälle ausgleichen zu können. Stattdessen aber werde die Anstalt seit Monaten mit sechs Beschäftigten betrieben. Diese leisteten Zwölf-Stunden-Schichten und hätten bis zu 150 Überstunden angehäuft.
Auf Nachfrage erklärte Anstaltsleiterin Leske, dass die Situation „problematisch“ sei. Auf die Frage, ob die Anstalt mit dieser Unterbesetzung überhaupt noch länger offengehalten werden könne, sagte sie: „Wir brauchen dringend eine Lösung.“ Die fordert auch von Angern: „Ich erwarte, dass die Landesregierung unverzüglich personelle Nachbesserungen in Halle vornimmt.“ Doch dazu scheint Kolb nicht in der Lage.
Aushilfe reicht nicht
Gegenüber von Angern hatte sie erklärt, sich beim Anstaltsleiter des Roten Ochsen für Aushilfspersonal stark zu machen. Doch nach MZ-Informationen hilft bereits jetzt regelmäßig Personal des Roten Ochsen aus, zum anderen ist die Personalsituation dort - wie auch in allen anderen Gefängnissen - alles andere als rosig. Das bestätigt auch Kolb. Grund dafür ist nach ihrer Aussage die vom Koalitionspartner CDU herausgezögerte Schließung der JVA Dessau-Roßlau. Ursprünglich soll diese zum 1. Juli 2015 dicht machen, das Personal auf die Gefängnisse Burg, Halle, Volkstedt und Raßnitz verteilt werden. Doch eine Entscheidung darüber ist im Parlament noch nicht gefallen. „Die CDU sollte sich überlegen, an welchen Stellen man sich bekämpft“, sagte Kolb, fachlich gebe es „nur wenig Argumente“ gegen die Schließung. (mz)