Jerichower Land Jerichower Land: Nerzen droht nach ihrer «Freilassung» der Tod

Pietzpuhl/dpa. - Unbekannte hatten in der Nacht zu Freitag die Nerzkäfige aufeiner Zuchtfarm in der Altmark aufgebrochen und rund 15 000 Tiereentlaufen lassen. Trotz einer umfangreicher Suchaktion seien amWochenende lediglich 4000 Tiere wieder ins Netz gegangen, sagte derSicherheitsbeauftragte der Verwaltungsgemeinschaft Biederitz-Möser,Hartmut Dähne. «Was übers Wochenende nicht gefangen wurde, ist weg.»
Dem Züchter dürfte nach Expertenschätzung ein Millionenschadenentstanden sein. Ein Tier der amerikanischen Nerzgattung «Mink»kostet laut Naturschutzbund (NABU) etwa 150 Euro. Bei 11 000 derzeitverschwundenen Tieren ergibt sich ein Gesamtschaden von 1,65Millionen Euro.
Der NABU Sachsen-Anhalt bezeichnete die Aktion als falschverstandene Tierliebe. «Was die Tierschützer da gemacht haben, istein gefährlicher Eingriff in das Ökosystem», sagte die NABU-Chefin,Annette Leipelt, der dpa. Die meisten Tiere kämen in Freiheit nichtzurecht und verendeten. Die Polizei geht von einer Aktion vonmilitanten Tierschützern aus und ermittelt wegen Hausfriedensbruchs.
Das Einfangen der Nerze aus der Zuchtfarm in Pietzpuhl in der Nähevon Magdeburg hat sich besonders am Samstag schwierig gestaltet.Helfer wurden von einer Wildschweinjagd behindert. Am Sonntag seienFallen im Umkreis der Zuchtfarm aufgestellt worden, sagte Dähne.Sobald die Nerze in die Falle laufen, schließe sich die Klappe. DasEinfangen gleiche einem «Spießroutenlauf», sagte Dähne.
Etwa 25 Freiwillige halfen dabei, die Tiere mit Falle und Käscherwieder einzufangen, sagte Dähne. Er sei vor allem am Samstag damitbeschäftigt gewesen, die Helfer aus dem angrenzenden Jagdgebietfernzuhalten. In dem Forstrevier wurden Wildschweine gejagt.
«Die Tierschützer wissen gar nicht, was sie da eigentlich gemachthaben», sagte Dähne weiter. Er habe entlang der Autobahn 2 Magdeburg-Berlin überfahrene Tiere gesehen. Auch Autofahrer berichteten vontoten Nerzen am Straßenrand in der Region. Die Straßenmeistereienwerden die toten Tiere laut Polizei in den kommenden Tageneinsammeln. Der Besitzer der Zuchtfarm will laut Dähne am Montag eineBestandsaufnahme und Schadensbilanz bekanntgeben.
Auch der NABU kritisierte die Aktion der Täter. Die amerikanischeNerzgattung «Mink» stelle eine Konkurrenz in der Nahrungskette fürVögel dar, sagte Leipelt. Die Naturschützer hätten Hinweise auf durchMinke verursachte Bestandseinbrüche in Vogelkolonien in Deutschland.Außerdem komme der Nerz überhaupt nicht in dem Ökosystem zurecht. «80Prozent der noch freien Tiere werden verenden.»
Die unbekannten Täter hatten in der Nacht zum Freitag zahlreicheGehege geöffnet und Zäune zerstört, so dass die Raubtiere in Scharenaus dem Anwesen liefen. Die Hälfte der 15 000 Nerze werden in freienGehegen gehalten. Unter den Helfern befanden sich am Freitag auchSoldaten des Bundeswehrstandortes in Burg.
Nerze werden in Farmen gehalten, weil ihr Fell zu Pelzenverarbeitet wird. Tierschützer kritisieren seit langem dieHaltungsbedingungen in Nerz-Farmen. In der Vergangenheit gab eseuropaweit bereits häufiger ähnliche «Befreiungsaktionen». InDeutschland gibt es laut NABU rund 30 Nerz-Zuchtfarmen.