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Jahrhundert-Hochwasser Jahrhundert-Hochwasser: Heftiger Streit um drei brisante Seiten

Von Steffen Reichert und Markus Wagner 29.10.2002, 18:57

Magdeburg/Wittenberg/MZ. - Drei Seiten Papier, eng beschrieben, sorgen für Wirbel. Drei Seiten Papier, die der parteilose Wittenberger Landrat Hartmut Dammer am Montagabend im Kreistag aus der Aktentasche holte und den Abgeordneten zur Kenntnis gab. Zwei widersprüchliche Briefe auf drei Seiten, von denen Dammer sagte: «Die Widersprüche möchte ich geklärt wissen.»

Es geht - wieder einmal - um das Jahrhunderthochwasser im Sommer. Und darum, ob die Deiche der Provinz geopfert wurden, um größere Städte wie Dessau oder Magdeburg zu retten. Immer wieder hatten die verschiedensten Politiker dies ausgeschlossen. Nun aber präsentierte Dammer zwei Schreiben, die einen anderen Eindruck nahe legen - und damit entsprechende Spekulationen aus dem Wittenberger Raum nähren.

Im ersten Papier vom 22. August weist Dammer als der Chef des Krisenstabes die Bundeswehr an, "die Schadenstelle Seegrehna/Bodemar zu schließen". Im zweiten, Dammer zugespielten Schreiben, meldet das Regierungspräsidium Dessau einen Tag später an das Innenministerium, dass das Ziel "nicht die Schließung des Dammbruches, sondern nur die Begrenzung der Zuflussmenge" sei.

Hat das Regierungspräsidium Dessau an den offiziellen Strukturen vorbei anderes entschieden? Genau das schlussfolgerte der Wittenberger Landrat Dammer: "Millionen Kubikmeter Wasser" sollten "gefahrlos zwischengeparkt" werden. Die PDS im Landtag kommt nun zu der Befürchtung, dass dem Land Millionenklagen drohen. "Wenn Bürger erfahren, dass hier ohne Genehmigung gehandelt worden ist, werden sie klagen", so der Abgeordnete Matthias Gärtner.

Das Regierungspräsidium Dessau widerspricht. "Das ist einer von 50Berichten, die wir teilweise im Stundentakt ans Innenministerium geschrieben haben", so Sprecher Andreas Borschel. "Es war immer oberstes Ziel, den Deich zu schließen." Und auch Matthias Schuppe, der Sprecher des Innenministeriums, sieht keinen Anlass zur Aufregung. "Es gab viele Widersprüche in jenen Tagen." Um die zu klären, sei am 2. Oktober eine Arbeitsgruppe eingesetzt worden. "Die klärt das auf."

Zumindest einer der vielen Widersprüche scheint seit gestern geklärt. Während Landrat Hartmut Dammer vermutete, dass der Bundeswehrberater für Strömungsfragen Gerhard Heinz ein "mehrfach vorbestrafter Hochstapler" ist (die MZ berichtete), steht nun fest, dass der Mann, der sich auch mit der Schließung des Deiches bei Seegrehna beschäftigt hatte, offiziell tätig war. "Herr Heinz hatte sich bei uns angeboten, wir haben das Angebot angenommen", versicherte der Presseoffizier des schweren Pionierbatallions 703 in Dessau, Thomas Schmidtmeier. Einen "offiziellen Beratertitel" habe es nicht gegeben - dafür aber eine Urkunde als Dank. "An seinem Sachverstand ist nicht zu zweifeln."