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Invasive Arten in Sachsen-Anhalt Invasive Arten in Sachsen-Anhalt: Globalisierung der Natur

15.12.2015, 13:04
Der Riesen-Bärenklau wird auch Herkulesstaude genannt. Ursprünglich stammt sie aus dem Kaukasus. Ihr Saft kann zusammen mit Sonnenlicht Geschwüre verursachen.
Der Riesen-Bärenklau wird auch Herkulesstaude genannt. Ursprünglich stammt sie aus dem Kaukasus. Ihr Saft kann zusammen mit Sonnenlicht Geschwüre verursachen. andreas behling Lizenz

Halle (Saale) - Mit der fortschreitenden Globalisierung haben sich auch die Wege, wie ein biologische Einwanderer einen neuen Lebensraum erreichen kann, verändert. Weiter Strecken werden immer schneller und häufiger überwunden. Die Ausbreitung einer Art in einem Gebiet, in dem sie nicht heimisch ist, wird als als biologische Invasion bezeichnet. Pflanzen, die nach der Entdeckung Amerikas 1492 nach Mitteleuropa gelangt sind, werden als Neophyten bezeichnet; fremde Tierarten sind Neozoen. Die Bioinvasoren können unter Umständen die Ökosysteme verändern, heimische Arten verdrängen und die Artenvielfalt reduzieren.

"Sogenannte invasive Arten sind ein ernstes Problem", sagte der Präsident des Landesumweltamtes, Matthias Freude. Oft richteten die exotischen "Zuwanderer" auch hohe wirtschaftliche Schäden an wie etwa die Wollhandkrabben, die Deiche untergraben. Ziemlich rücksichtslos verhalten sich auch die nachtaktiven Waschbären, Marderhunde und Minke. "Sie plündern vor allem die Gelege unserer bodenbrütenden Vögel, sogar die bisher gut geschützten Nester im Schilf sind nicht mehr sicher", sagte Freude.

Aber auch Pflanzen bereiten Probleme. In Sachsen-Anhalt breitet sich etwa seit Jahren der giftige Riesen-Bärenklau immer stärker aus. Die Waschbären-Population, die sich ebenfalls vermehrt in Mitteldeutschland ausbreitet, geht auf Tiere zurück, die im 20. Jahrhundert aus Pelztierfarmen und Gehegen entkommen sind oder ausgesetzt wurden.

Natürliche Migration

Wanderungen von Lebewesen gibt es, seitdem sich Spezies neue Lebensräume erschließen. Diese natürlichen Migrationen gehen in einem relativ langsamen Tempo vonstatten und stoßen an natürliche Grenzen, wo die Art Ausbreitungsbarrieren wie Gewässer, Berge, Eis, Wüste oder ähnliches nicht mehr von sich aus überwinden kann.

Durch die Globalisierung sind die natürlichen Barrieren wie Wasser, Gebirge oder Wüsten für invasive Spezies überwindbar geworden. Seit 1990 hat sich der internationale Handel verdoppelt. Mit jedem Linienflugzeugs, mit jedem Containerschiff, mit jedem Touristen und mit jedem Paket kann theoretisch eine Bioinvasion ausgelöst werden.

Welche Schadenssummen invasive Arten verursachen und wie diese eingeschleppt werden, lesen Sie auf Seite 2.

Der wirtschaftliche Schaden, den invasive Spezies verursachen können, ist nicht zu unterschätzen. Der ökologische Schaden ist allerdings weitaus höher, als der ökonomische. Besonders hohe Schäden verursachen invasive Arten in der Forst-, Land- und Fischereiwirtschaft. In Deutschland wurde eine Studie veröffentlicht, wonach alleine zwanzig invasive Arten im Jahr 2002 einen Schaden von 167 Millionen Euro verursacht haben. Neuere Zahlen liegen für Deutschland laut BUND noch nicht vor. Alleine die Herkulesstaude verursachte 12,3 Millionen Euro Kosten und durch die Kastanienminiermotte entstanden Kosten in Höhe von etwa 19,2 Millionen Euro.

Beabsichtigte und unabsichtliche Einschleppung

Generell muss man zwischen einer zufälligen Einschleppung und der beabsichtigten Einschleppung unterscheiden. Selbst heutzutage werden noch häufig gebietsfremde Arten absichtlich eingeschleppt. Meistens sollen die Arten dem Menschen direkt oder indirekt nutzen. Viele dieser Einschleppungen erfolgen kurzsichtig und unüberlegt. Was für ein Schaden entstehen kann, wird selten bedacht, etwa, dass die Kontrolle über die eingeschleppte Art verloren gehen kann.

Unabsichtliche Einschleppungen kommen viel häufiger vor als die beabsichtigten. Organismen werden besonders mit den weltweiten Wirtschaftstransporten kreuz und quer über den Globus verschleppt. Relativ leicht kann die Verschleppung von größeren Tieren entgegen gewirkt werden. Pflanzen werden besonders als Samen verschleppt, was man aufgrund der Größe nur schwer kontrollieren kann. Besonders schwer ist die Kontrolle und Vermeidung bei kleinen Wirbellosen, Insekten, Viel- und Einzellern sowie Viren.

Insgesamt nimmt die Bedeutung invasiver Arten in Wissenschaft, Recht und auch im Naturschutz zu. Sie sind Forschungsgegenstand der Invasionsbiologie. Als Begründer gilt der britische Ökologe Charles Sutherland Elton mit einer Veröffentlichung im Jahr 1958. (mz/dpa/st)