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Insel Insel: Sexualstraftäter geben dem Druck nach

MAGDEBURG/MZ. - Die Straße hat gesiegt:Nach wochenlangen Demonstrationen gegen zweiaus der Sicherungsverwahrung entlassene Sexualstraftäterwollen die beiden Männer nun offenbar dochaus der Altmark-Gemeinde Insel fortziehen."Die Betroffenen haben schriftlich erklärt,dass sie Insel verlassen werden", sagte SuperintendentMichael Kleemann. Vorausgegangen sei ein Gesprächzwischen ihm, Innenminister Holger Stahlknecht(CDU) und den 56 und 64 Jahre alten Männern.Eine Bestätigung von den Betroffenen oderihrem Anwalt war am Mittwochabend nicht mehrzu erhalten.Die Erklärung sei mit der Bitte um Hilfe beider Suche nach einer neuen Wohnung und materiellerUnterstützung verbunden, so Kleemann. "Eszieht wieder Frieden in Insel ein", sagteder Superintendent, der seit mehreren Tagenversucht hatte, im Ort zu vermitteln. InnenministerStahlknecht sagte nach dem Gespräch, er fahremit einem guten Gefühl nach Hause. Auf dieFrage, wie er den Sieg der Straße gegenüberdem Resozialisierungsgedanken bewerte, erklärteStahlknecht: "Es ging hier nicht mehr um Siegoder Niederlage, sondern um menschliche Vernunft."Die Entscheidung der Männer schaffe die erforderlicheRuhe, um eine menschenwürdige Lösung für dieBetroffenen zu finden. Justizministerin AngelaKolb (SPD) erklärte hingegen: "Ich habe Sorge,dass das als Sieg derjenigen gefeiert wird,die demonstriert ...

Von HENDRIK KRANERT-RYDZY 05.10.2011, 11:42
Anwohner protestieren am 19.09.11 in Stendal im Ortsteil Insel mit Trommeln, Rasseln und einem Schild mit der Aufschrift «Haltet Euer Versprechen! Verlasst Insel» gegen zwei zugezogene aus der Sicherungsverwahrung entlassene Sexualstraftäter vor dem Haus, in dem die Sexualstraftäter untergebracht sind. (FOTO: DAPD)
Anwohner protestieren am 19.09.11 in Stendal im Ortsteil Insel mit Trommeln, Rasseln und einem Schild mit der Aufschrift «Haltet Euer Versprechen! Verlasst Insel» gegen zwei zugezogene aus der Sicherungsverwahrung entlassene Sexualstraftäter vor dem Haus, in dem die Sexualstraftäter untergebracht sind. (FOTO: DAPD) dapd

Die Straße hat gesiegt:Nach wochenlangen Demonstrationen gegen zweiaus der Sicherungsverwahrung entlassene Sexualstraftäterwollen die beiden Männer nun offenbar dochaus der Altmark-Gemeinde Insel fortziehen."Die Betroffenen haben schriftlich erklärt,dass sie Insel verlassen werden", sagte SuperintendentMichael Kleemann. Vorausgegangen sei ein Gesprächzwischen ihm, Innenminister Holger Stahlknecht(CDU) und den 56 und 64 Jahre alten Männern.Eine Bestätigung von den Betroffenen oderihrem Anwalt war am Mittwochabend nicht mehrzu erhalten.

Die Erklärung sei mit der Bitte um Hilfe beider Suche nach einer neuen Wohnung und materiellerUnterstützung verbunden, so Kleemann. "Eszieht wieder Frieden in Insel ein", sagteder Superintendent, der seit mehreren Tagenversucht hatte, im Ort zu vermitteln. InnenministerStahlknecht sagte nach dem Gespräch, er fahremit einem guten Gefühl nach Hause. Auf dieFrage, wie er den Sieg der Straße gegenüberdem Resozialisierungsgedanken bewerte, erklärteStahlknecht: "Es ging hier nicht mehr um Siegoder Niederlage, sondern um menschliche Vernunft."Die Entscheidung der Männer schaffe die erforderlicheRuhe, um eine menschenwürdige Lösung für dieBetroffenen zu finden. Justizministerin AngelaKolb (SPD) erklärte hingegen: "Ich habe Sorge,dass das als Sieg derjenigen gefeiert wird,die demonstriert haben."

Die beiden Männer waren im Sommer aus Baden-Württembergnach Sachsen-Anhalt gezogen. Zuvor hattensie langjährige Haftstrafe wegen verschiedenerSexualdelikte verbüßt und waren zu anschließenderSicherungsverwahrung verurteilt worden. Nacheinem Urteil des Europäischen Gerichtshofesfür Menschenrechte kamen sie frei. Auf Vermittlungeines Tierarztes aus Freiburg zogen sie indessen Elternhaus in Insel.

Nach dem dort ihre Vergangenheit offenbaraufgrund einer Behörden-Indiskretion bekanntgeworden war, versuchten Einwohner der Gemeinde,angeführt vom CDU-Bürgermeister Alexandervon Bismarck, die beiden mit regelmäßigenDemonstrationen zu vertreiben. Von Bismarcktolerierte sogar, dass Rechtsextreme die Demonstrationenunterwanderten. Der Ortsbürgermeister hatnach Angaben Stahlknechts an dem Gesprächmit den Betroffenen am Mittwoch teilgenommen.Es sei das erste Mal gewesen, dass man mit-,statt übereinander gesprochen habe.

Von Bismarck hatte zuvor erklärt, dass erkeine Demonstrationen mehr in Insel abhaltenwerde. Allerdings hatten Neonazis weitereDemos angekündigt. Gleichzeitig befürchtetedas Innenministerium, dass auch die NPD ihrenBundesparteitag am 15. Oktober in Dessau-Roßlaufür Demonstrationen in Insel nutzen könnte.Eine Entscheidung darüber, ob der Parteitagstattfinden kann, will das OberverwaltungsgerichtMagdeburg kommende Woche treffen. Die StadtDessau-Roßlau hatte dagegen geklagt. Am Donnerstagwill der Landtag über den Fall Insel debattieren.