Im Kampf gegen synthetischen Drogen Im Kampf gegen synthetischen Drogen: Polizisten beim Drogen-Kochkurs

Merseburg - Für die Drogenfahnder geht es tief hinab - durch dunkle, gespenstisch leere Gänge bis ins zweite Kellergeschoss der Merseburger Fachhochschule. In der Ecke eines kleinen Raumes werden sie fündig: Hier steht ein voll ausgestattetes Drogenlabor samt Heizpilz, Kühlanlage, Glasbehältern. Was Chemie-Professor Valentin Cepus dazu zu sagen hat, hören sich die Ermittler zwar genau an. Die Handschellen klicken aber trotzdem nicht. In den Glasbehältern ist schwarzer Tee, das Labor ist nachgebaut. Es ist Bestandteil einer Weiterbildung für insgesamt 17 Drogenfahnder aus Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen.
Immer mehr Drogen aus dem Labor
Seit Jahren hat die Polizei es immer häufiger statt mit Kokain oder Heroin mit synthetischen Drogen zu tun, die ausschließlich im Labor hergestellt werden. In der Statistik des Landeskriminalamtes lag der Anteil der entsprechenden Amphetamindelikte - darunter des Methamphetamins Crystal - 2013 mit 45,8 Prozent nur noch knapp hinter Cannabisfällen. Zwar wird gerade die gefährliche Modedroge Crystal überwiegend in tschechischen Hinterhofgaragen hergestellt. Aber auch hierzulande wurden schon Drogenlabore ausgehoben, sagt Wilfried Just, Weiterbildungs-Chef an der Fachhochschule der Polizei Aschersleben. „Die Szene ist sehr erfinderisch, gerade Drogenermittler müssen sich weiterbilden.“
Für einen Tag werden die Fahnder deshalb in der Merseburger Hochschule, die ihre Räume samt Experten zur Verfügung stellt, sogar zu Crystal-Köchen - im übertragenen Sinn. Mit Dummie-Chemikalien vollziehen sie im Labor die Herstellung der Designerdroge nach - vom Destillieren bis zum Filtrieren. Der „Drogen-Kochkurs“ soll ihnen nicht nur ein besseres Verständnis bei künftigen Vernehmungen von Verdächtigen ermöglichen, sagt Just. Er soll auch eine fundiertere Einschätzung der Qualität eines Labors erlauben - und vor allem der Sicherheit dienen.
Unwissen kann zur Gefahr werden
Werde ein Drogenlabor planmäßig ausgehoben, seien zwar Chemiker oder die Tatortgruppe des Landeskriminalamtes dabei. „Es läuft aber nicht immer planmäßig“, so Just. Im Westen Deutschlands sei vor Jahren ein Drogenlabor explodiert, als einer der ersten Polizisten vor Ort den Wasserhahn abdrehte - und so die Kühlung unterbrach. Crystal zu kochen wird von Experten zwar oft als so einfach wie Kuchenbacken beschrieben, es ist aufgrund von explosiven Stoffen, die zum Teil verwendet werden, aber nicht ungefährlich. „Die Täter sind meist total frei von Ängsten, denen geht’s ums Geld“, sagt eine Fahnderin. Einem mutmaßlichen Drogenhersteller wurde das erst jüngst zum Verhängnis: Allein durch das Ausschalten eines Herdes kam es zur Detonation. Auch Professor Cepus betont: „Es kann 30 Mal gut gehen, beim 31. Mal aber nicht.“ Deshalb ist auch für Fahnder wichtig, welche Kardinalfehler sie am Tatort nicht machen dürfen, welchen Schlauch sie im Zweifel zuerst abziehen. Das Interesse der Ermittler ist groß. Der Kurs für 2015 ist schon ausgebucht, sagt Just. (mz)