Hopsten in Nordrhein-Westfalen Hopsten in Nordrhein-Westfalen: Trauer und «Ave Maria» in der Pfarrkirche
Hopsten/MZ. - Es sind immer die gleichen Verse, die durch die barocke Pfarrkirche Sankt Georg hallen. "Heilige Mutter Gottes, bitte für uns Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Todes." Minutenlang beten die Menschen in den Bänken das "Ave Maria" - die Marienverehrung ist ein gutes Mittel gegen die bedrückende Stille. Eigentlich wäre um 9.30 Uhr "Frauenmesse", statt dessen sieht es aus wie bei einem Schulgottesdienst. "Wir haben sie alle so gut gekannt, die 13, die beim Busunglück ums Leben gekommen sind", sagt der Pfarrer. Eine Schülerin hat ihre Eltern verloren, andere trauern um ihre Großeltern.
Der Unfall auf der A 14 bei Plötzkau (Kreis Bernburg) hat den 8 000-Seelen Ort Hopsten im nordrhein-westfälischen Münsterland hart getroffen. Das Zentrum der Trauer ist die katholische Pfarrkirche mit dem Zwiebelturm. "Ich habe sie fast alle gekannt", sagt Otto Hagemann (69). Viele der Anwesenden können das von sich behaupten. "Das geht einem bis in die Knochen", sagt Hagemann. Der Vater seiner Schwiegertochter befindet sich unter den Verletzten.
Quälende Ungewissheit
Die quälende Ungewissheit endet erst in der Nacht zum Dienstag um 4.13 Uhr. Telefonisch melden die Behörden in Sachsen-Anhalt dem Krisenstab in Hopsten die Identifizierung aller Todesopfer (siehe "Kritik berechtigt"). Gegen acht Uhr beginnen elf Teams - bestehend aus Seelsorgern, Ärzten und Polizei - mit den Hausbesuchen der Angehörigen. "Wir haben dabei auch Herzklopfen, für so etwas gibt es kein Patentrezept", sagt der leitende Notfallseelsorger Wolfgang Busse. Schon am Vorabend hatte er den Angehörigen in der Kirche Trost gespendet, viele hatten erst gegen Mitternacht das Gotteshaus verlassen.
Bürgermeister Winfried Pohlmann (SPD) hat die undankbare Aufgabe, sich vor laufenden Kameras zum Unglück äußern zu müssen. Als er erzählt, dass auch er die Toten alle gekannt habe, steigen Tränen in seine Augen. "Ich habe nah am Wasser gebaut, aber ich kriege das schon hin" entschuldigt er sich. "Ich hoffe, dass ich so was nie mehr erlebe." Am Abend wird er in der Kirche sein, dann findet der nächste Gottesdienst für die Opfer statt.
Kurzfristig abgesagt
Seit 25 Jahren fährt der Verein ehemaliger Landwirte schon auf Tour. Auch eine Frau, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, wäre gerne mitgefahren. "Ich wäre dabei gewesen, wenn mein Mann nicht plötzlich krank geworden wäre", sagt die 80-Jährige. Ununterbrochen habe am Tag des Unglücks ihr Telefon geläutet. Die Verwandten wollten wissen, ob sie an Bord war. Wie gebannt habe sie selbst die Fernsehbilder verfolgt. "Dabei habe ich eine Bekannte neben dem Buswrack im Gras sitzen sehen." Es war einer der wenigen glücklichen Momente seit dem Unglück.
Die Betroffenheit hat Hopsten fest im Griff. Der Schützenverein "Eintracht" hat eilig sein für das Wochenende geplantes Schützenfest abgesagt. Stattdessen wird es eine Trauerfeier geben.