Hochwasser in Brandenburg Hochwasser in Brandenburg: Angst vor neuer Jahrhundertflut

Potsdam/dpa - Die Elbe wirkt ruhig, doch der Schein trügt: Die Pegelstände des Flusses steigen schnell an, ebenso wie die von anderen Wasserläufen in Brandenburg. Gewaltige Wassermassen drücken in der Elbe von Sachsen aus, wo örtlich bereits Katastrophenalarm ausgerufen wurde, in die Mark. Wolfgang Genehr, Abteilungsleiter im Landesumweltamt Cottbus, rechnet für den Raum Mühlberg (Elbe-Elster), wo die Elbe die Brandenburger Landesgrenze mit Sachsen bildet, wieder mit einer Rekordflut. Auch Spree und Schwarze Elster steigen bedrohlich an.
„Von den Prognosen her könnte die Elbe bei Mühlberg wieder so hoch steigen wie 2002, also etwa zehn Meter“, sagt Genehr. „Wenn der Wasserstand auf 10,15 Meter wächst, wird Mühlberg überflutet.“ Noch fehlen an dieser Marke fast zwei Meter. Ob es dann aber ebenso wie damals ein „Wunder von Mühlberg“ gibt, bleibt offen. Bei der Jahrhundertflut vom August 2002 stieg das Wasser bei Mühlberg bis auf die Rekordmarke von 9,98 Meter. Doch die aufgeweichten Deiche hielten dem Druck stand, eine Katastrophe konnte verhindert werden.
Ein ähnliches Szenario scheint sich auch im Norden Brandenburgs anzubahnen, wo die Elbe die Landesgrenze zu Niedersachsen bildet. Bernd Lindow, Chef der Unteren Wasserbehörde des Landkreises Prignitz, sagt: „Die Lage ist äußerst ernst.“ Er rechnet am Pegel Wittenberge mit der Rekordmarke von 7,50 Meter für Sonntag. Das wären 14 Zentimeter mehr als beim jüngsten Hochwasser Ende Januar 2011. Ausgelegt ist der frisch sanierte Deich aber nur für 7,45 Meter - plus einem Meter zur Sicherheit.
Der Fachmann kommt gerade aus der ersten Sitzung des Brand- und Katastrophenschutzzentrum des Landkreises, an der auch Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) teilnahm. Platzeck, der sich schon bei der Rekordflut der Oder 1997 mit seinem umsichtigen Einsatz bundesweit als „Deichgraf“ einen Namen machte, warnt jedoch vor Panikmache.
„Es gibt keinen Anlass, Angst zu verbreiten“, ermutigt der Regierungschef tausende Helfer, die gerade die märkischen Deiche sichern. „Wir können aber auch nicht sagen, das Hochwasser wird schnell vorübergehen“, schränkt Platzeck ein. Er betont jedoch: „Ich glaube, wir sind gut gewappnet.“
Auch Innenminister Dietmar Woidke (SPD) macht sich große Sorgen über die Hochwasserlage. „Wir werden nicht nur hochmotivierte Einsatzkräfte brauchen, wir werden auch sehr viel Glück brauchen“, sagt er in Potsdam. Wie ernst er die Lage einschätzt, zeigt sich auch daran, dass Woidke für Mittwoch in Potsdam erstmals die Katastrophenschutzleitung einberief.
Denn wenn die Elbe die Jahrhundertflut von 2002 übertreffen sollte, dann wären tausende Hektar Land und viele Menschen mit ihren Häusern von Überschwemmungen bedroht. Und die Politik müsste sich fragen lassen, was die 400 Millionen Euro für die Deichsanierung in Brandenburg gebracht haben. Um Schwachstellen ausfindig zu machen, sind bereits jetzt mehrere hundert Deichläufer auf den Dämmen unterwegs. Überall herrscht banges Warten, wie viele Sickerstellen sie wohl finden mögen.