Hitze und Trockenheit Hitze und Trockenheit: Was bedeutet der Klimawandel für Sachsen-Anhalt?

Halle (Saale) - Hitze mit Temperaturen weit über 30 Grad Celsius, wochenlang zu wenig Regen, staubtrockene Felder, Flüsse und Bäche mit niedrigen Wasserständen wie seit Jahren nicht mehr. Alle reden gerne vom Wetter. Oder ist das schon der Klimawandel?
Was sagen die Meteorologen?
Hitzeperioden mit Temperaturen über 33 Grad Celsius häufen sich seit den 90er Jahren. Das belegen Zahlenreihen des Deutschen Wetterdienstes. Sie stützen damit eine zentrale These der Klimaforscher: Die Erde wird wärmer. Das Jahr 2014 war mit einer Mitteltemperatur von 10,3 Grad Celsius „das bisher wärmste in Deutschland beobachtete Jahr“, zieht der DWD Bilanz. Erstmals habe die Jahresmitteltemperatur einen zweistelligen Wert erreicht. Und das mit einem kräftigen Sprung. Der vorherige Höchstwert lag 0,4 Grad niedriger. Einen vergleichbaren Sprung habe es nur 1934 gegeben, als der bis dahin maximale Höchstwert von neun Grad aus dem Jahr 1921 sogar um 0,5 Grad nach oben rutschte. Seit Beginn der Datenreihen im Jahr 1881 stieg die Mitteltemperatur in Deutschland um 1,3 Grad.
Ist das normales Wetter oder der Klimawandel?
„Das Wetter erleben wir von Jahr zu Jahr“, sagt Christian Ehrlich vom Landesamt für Umweltschutz in Halle. Und da gibt es nun mal durchaus große Schwankungen. Klimadaten werden hingegen in Zeiträumen von 30 Jahren und länger betrachtet. Aber soviel ist klar: Für Sachsen-Anhalt ist seit dem Ende des 19. Jahrhunderts ein Anstieg der mittleren Temperaturen von 1,2 Grad nachweisbar.
Welche Prognosen gibt es für Sachsen-Anhalt?
Es wird weniger kühle und mehr heiße Tage geben. Hitzeperioden bedeuten auch mehr Verdunstung, der Wasserhaushalt gerät durcheinander. Im Sommer wird es trockener, im Winter feuchter und wärmer. Die Forscher erwarten aber auch häufiger richtig starke Regengüsse - mit teilweise dramatischen Folgen. Schlammlawinen waren schon zu beobachten: 2011 mehrfach in der Region Aschersleben, 2014 in Vatterode und bei Kleinleinungen (beides Mansfeld-Südharz), in Bucha und in Punkewitz im Burgenlandkreis. Auch extreme Wetterlagen, die Überschwemmungen wie zuletzt im Sommer 2013 ausgelöst haben, soll es häufiger geben. Allerdings: Eine von der Landesregierung in Auftrag gegebene Klimastudie für Sachsen-Anhalt von 2012 rechnet damit, dass sich bis 2040 wenig ändert. Danach beginnt dann ein drastischer Wandel. Und bis zum Jahr 2100 erhöhen sich die Temperaturen um 2,5 bis 3,5 Grad Celsius. Die Wachstumsperiode wird um sechs bis zehn Wochen länger.
Welche Folgen der Temperaturanstieg für das Leben in Sachsen-Anhalt hat, wie sicher die Vorhersagen sind und was das für Landwirte bedeutet, lesen Sie auf der nächsten Seite.
Was bedeutet das für das Leben im Land?
Mit den Hitzeperioden wird es mehr Tropennächte geben, in denen sich die Luft nicht unter 20 Grad abkühlt. Sie gelten für alte und körperlich geschwächte Menschen als stark belastend. Der Temperaturanstieg wird sich auf die Planung von Häusern auswirken: Zunehmend werden Kühlung und Klimatisierung gefragt sein. Bei Renovierungen und Neubauten spielt das schon heute eine Rolle, etwa wenn es um Lüftungsanlagen, die Fassadengestaltung oder den Einbau von schattenspendenden Markisen geht. Straßenbahnen werden - wie derzeit schon Regionalzüge - zunehmend mit Klimaanlagen unterwegs sein.
Wie sicher sind diese Vorhersagen?
Der Wandel kommt nicht schlagartig. Über Jahre hinweg können die Sachsen-Anhalter sich auf die Veränderungen einstellen. Sicher ist aber: Alle zusätzlichen Studien und Daten bestätigen, dass der Klimawandel längst begonnen hat und sich fortsetzen wird. Weitere Untersuchungen werden immer detaillierte Bilder von dem zeichnen, was zu erwarten ist.
Mehr als die Hälfte der Landesfläche wird landwirtschaftlich genutzt. Welche Auswirkungen hat der Klimawandel für die Bauern?
Schon in diesem Frühjahr war es so trocken wie seit 50 Jahren nicht, sagt Christian Apprecht vom Bauernverband. Zusätzliches Bewässern ist nur teilweise möglich und keine Lösung auf Dauer - Wasser wird knapp werden. Vorerst können die Landwirte gegenhalten, indem sie Sorten anbauen, die mit weniger Wasser auskommen. Die Züchter stellen sich zunehmend darauf ein. Dennoch werden spätestens in der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts landesweit die Erträge sinken, bei Raps und Mais um ein Viertel, bei Weizen um 20 Prozent. Der Anbau von Soja könnte verstärkt werden. Auch könnten künftig Hirse und Winterdurum, also Hartweizen, auf Äckern in Sachsen-Anhalt gedeihen. Insgesamt biete der Klimawandel auch Chancen für die Landwirtschaft, sagt Bauernverbands-Sprecher Apprecht. „Das Anbauspektrum wird erweitert und die Marktchancen verbessern sich.“ Das gilt mit Sicherheit für den Weinbau: Dort werden die positiven Folgen des Klimawandels überwiegen. (mz)