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Hintergrund Hintergrund: Stunde der Wahrheit in Wittenberg

Von Corinna Nitz 20.04.2007, 15:14

Wittenberg/MZ. - Muhl steht im Luther-Hotel in Wittenberg am Stand der Mitarbeitervertretung (MAV) des Kirchenamtes Magdeburg. Es ist Freitagmorgen, und in dem Haus geht es zu wie in einem Bienenstock. Die Synodalen der Kirchenprovinz Sachsen (KPS) treffen sich dort seit Donnerstag. Es geht um viel. Um Identität, um Arbeitsplätze, Geld. Vor allem steht die Zukunft der Föderation von KPS und Thüringer Landeskirche zu einer Vereinigten Kirche Mitteldeutschlands zum 1. Januar 2009 auf dem Prüfstand. Am Sonnabend soll darüber endgültig entschieden werden (die MZ berichtete).

Ein paar Hundert Meter weiter tagt die Frühjahrssynode der Thüringer Landeskirche in der Stiftung Leucorea. Die Atmosphäre dort ist weniger trubelig, was nicht allein daran liegt, dass die Gruppe der Parlamentarier kleiner ist. Es scheint, als hätten die Thüringer mit einer Fusion auch weniger Probleme. Und sollte es anders sein, melden sich, wie es aus Beobachterkreisen heißt, vor allem die Entschlossenen zu Wort. Einer von ihnen ist Eberhard Grüneberg. Der Vorstandsvorsitzende der Diakonie Mitteldeutschland sagt am Rande zur MZ: "Man muss das Gute aus beiden Kirchen zusammenführen." Andererseits sei es "die Natur eines Kompromisses, dass es nicht allen damit gut geht". Der Kompromiss sieht vor, den Bischofssitz in Magdeburg anzusiedeln. Dafür soll das Kirchenamt nach Erfurt gehen. Laut einer Umfrage würden (oder können?) aber allenfalls 25 Prozent der etwa 140 Beschäftigten in Magdeburg an den neuen Standort wechseln, erklärt Matthias Zapf von der MAV aus Magdeburg.

Für Zapf stellt jedoch nicht allein das aus seiner Sicht "unklare Personalkonzept" ein Problem dar. Auch die Finanzierungssysteme und die inhaltliche Ausrichtung einer Vereinigten Kirche seien nicht ausgereift. Und sollte es am Sonnabend zu der notwendigen Mehrheit auf beiden Seiten kommen, "geht die Arbeit erst richtig los, denn vom Beschluss bis zur gemeinsamen Verfassung vergehen Jahre".

Derweil laufen die Debatten in Leucorea und Luther-Hotel auf Hochtouren weiter. Kaum jemand scheint grundsätzlich gegen eine Fusion zu sein. Kritisiert werden vor allem der Zeitpunkt und das Tempo des Prozesses. Eine Synodale sagt: "Wir wissen zwar nicht wohin, aber wir beeilen uns nach Kräften." Dagegen findet der Magdeburger Propst Matthias Sens, dass man angesichts einer vergleichsweise stabilen Ausgangslage beider Landeskirchen die Chance jetzt nutzen sollte. In ein paar Jahren könnten zum Beispiel die finanziellen Zwänge weitaus größer sein.