Hilfsfonds Hilfsfonds: Millionen-Hilfen für DDR-Heimkinder
Berlin/Magdeburg/dpa. - Prügel, Missbrauch, Isolation:Tausende ehemaliger DDR-Heimkinder sollen jetzt ähnlicheMillionen-Hilfen erhalten wie frühere West-Heimkinder. Der Bund unddie ostdeutschen Länder richten zum 1. Juli einen 40 Millionen Euroschweren Fonds ein, aus dem therapeutische Behandlung, Beratung undRentenersatzleistungen gezahlt werden sollen. Eine monatlicheBarzahlung sei zunächst nicht vorgesehen, sagte der ParlamentarischeStaatssekretär im Bundesfamilienministerium, Hermann Kues (CDU), amMontag in Berlin. Das Sozialministerium in Magdeburg kündigte an,eine Beratungsstelle für die Betroffenen aus dem Land einzurichten.
Die Aufarbeitung der DDR-Heimerziehung habe gezeigt, dass fürviele Säuglinge, Kinder und Jugendliche Gewalt und Zwang zum Alltaggehörten, sagte Kues. Für dieses Leid könnten die ehemaligenHeimkinder niemals entschädigt werden. «Die verpassten Lebenschancenkann man nicht materiell ungeschehen machen.» Der auf fünf Jahreangelegte Fonds sei vielmehr als Bitte um Entschuldigung zu werten,betonte Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Manuela Schwesig(SPD).
Das Geld soll den Betroffenen helfen, die Folgen des Leids ihrerKindheit zu mildern. Den Angaben zufolge gab es zwischen 1949 und1990 mehr als 400 000 Kinder in den Heimen und Jugendwerkhöfen derDDR. Den Hilfstopf wollen Bund und ostdeutsche Länder je zur Hälftefüllen. Für ehemalige Heimkinder aus den westdeutschen Bundesländernwurde bereits ein 120 Millionen Euro umfassender Fonds eingerichtet.
Die Beratungsstelle, die in Sachsen-Anhalt eingerichtet wird, sollden Betroffenen aus dem Land umfangreiche Hilfe bei der Aufarbeitungihrer Erfahrungen gegeben, teilte Sozialminister NorbertBischoff (SPD) mit. Die ehemaligen Heimkinder sollen Hilfe bei derRecherche nach Unterlagen erhalten und Anträge auf finanzielleUnterstützung stellen können.
Der Bericht zur Aufarbeitung der Heimerziehung in Ostdeutschlandenthalte «erschreckende Beschreibungen von Zuständen, die bislang nuransatzweise bekannt sind», sagte Kues. Die Umerziehung zumsozialistischen Idealmenschen sei erniedrigend gewesen. «Das Versagendes DDR-Systems ist nicht nur auf die Stasi zu reduzieren.»Brandenburgs Jugendministerin Martina Münch (SPD) betonte, es müssedeutlich werden, dass die Heimkinder nicht die Schuld an ihrereigenen Situation trügen.
Wie viele ehemalige Heimkinder von dem Fonds profitieren werden,ist Thüringens Sozialministerin Heike Taubert (SPD) zufolge nochnicht abzusehen. «Jeder Betroffene muss selbst entscheiden, ob ersich an uns wendet», sagte sie. Dabei dürfe bei der Bewilligung vonHilfen nicht nur auf lückenhafte Akten aus den Heimen gesetzt werden.«Wir müssen davon ausgehen, dass jeder, der dort war, auch von denLeistungen profitieren kann.»
Aus Sicht der Opfer sei vor allem die öffentliche Anerkennungwichtig, sagte Ombudsmann Peter Schruth. Man müsse den ehemaligenHeimkindern, deren Gerechtigkeitsgefühl durch die haftähnlichenBedingungen tief verletzt sei, endlich Glauben schenken. DerOmbudsmann für westdeutsche und ostdeutsche ehemalige Heimkinderhatte in der Vergangenheit gewarnt, ein Fonds könne nur Folgeschädenberücksichtigen, und für eine monatliche Opferrente plädiert.