Heftige Ausschreitungen Heftige Ausschreitungen: Vermummte randalieren in Leipziger Innenstadt

Leipzig - Ein zertrümmertes Wartehäuschen, eingeworfene Fensterscheiben, demolierte Polizeiautos: Rund 100 teils vermummte Angreifer haben am späten Freitagabend in Leipzig randaliert. Sie verursachten erhebliche Schäden. Leipzigs Polizeipräsident Bernd Merbitz spricht von einem „Gewaltexzess“ und verortet die Täter im linksextremistischen Spektrum. Ein mutmaßlicher Randalierer wird festgenommen. Es ist bereits der fünfte Angriff dieser Art in der Stadt in diesem Jahr. Nun wird der Ruf nach Konsequenzen laut.
Es ist Freitagabend, kurz nach 22.00 Uhr, als sich nach Polizeiangaben rund 100 Randalierer in einem Park versammeln. Sie ziehen in Richtung Stadtzentrum, zünden eine Barrikade aus Reifen an, werfen Steine und Molotowcocktails. Unter anderem gehen am Bundesverwaltungsgericht Fenster zu Bruch. Der Anlass für den Gewaltausbruch bleibt zunächst unklar. Die Polizei will einen Zusammenhang mit dem G7-Gipfel in Bayern ausdrücklich nicht ausschließen.
Früh gestoppt
Die Sicherheitskräfte sind nach einem Hinweis zügig vor Ort. „Wir haben sie relativ früh am Ring gestoppt, so dass sie nicht in die Stadt reinkamen. Sonst wäre vermutlich noch mehr passiert“, sagt Polizeipräsident Merbitz. In Leipzig wird derzeit das Stadtfest und das Jubiläum „1000 Jahre Leipzig“ gefeiert. Nach seiner Schilderung gehen die Angreifer äußert brutal und aggressiv vor, attackieren auch Polizeiautos mit Steinen.
Zum fünften Mal in diesem Jahr haben Vermummte in Leipzig randaliert. Eine Übersicht der Krawalle:
7. Januar:
Etwa 50 Vermummte greifen eine Polizeistation in Leipzig-Connewitz an. Sie werfen Flaschen, Steine und Farbbeutel. Zwei Polizisten in dem Gebäude bleiben unverletzt. Ein anonymes Bekennerschreiben bringt die Attacke in Zusammenhang mit dem Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh, der vor rund zehn Jahren unter ungeklärten Umständen in einer Dessauer Polizeizelle verbrannte.
Rund 600 Randalierer versammeln sich in der Innenstadt. Hauswände werden mit Anti-Pegida-Schriftzügen besprüht. Am Amtsgericht werden 40 Fensterscheiben eingeworfen. Die Polizei geht davon aus, dass der zunächst ungeklärte, gewaltsame Tod eines Asylbewerbers in Dresden der Auslöser für die Krawalle war.
Rund 50 Vermummte randalieren vor dem Gebäude der Staatsanwaltschaft in Leipzig. Sie sprühen Parolen („Gegen Repression und Staat“) und ein Antifa-Zeichen an die Wand. Ein Bekennerschreiben im Internet bringt die „Spontandemo“ in Zusammenhang mit den Blockupy-Protesten in Frankfurt/Main.
Mutmaßlich linksextreme Angreifer versammeln sich vor der Ausländerbehörde im Technischen Rathaus der Stadt Leipzig. Sie zertrümmern 42 Fensterscheiben und sprühen den Schriftzug „#STOPASYLLAW“ auf die Fassade. Auf einer linken Internetplattform kursiert ein Bekennerschreiben, wonach die Attacke ein Protest gegen die Asylpolitik der Bundesrepublik sein sollte.
Rund 100 teils vermummte Randalierer laufen Richtung Bundesverwaltungsgericht. Sie zünden eine Barrikade aus Reifen an und werfen Molotowcocktails. Drei Polizeiautos werden demoliert. Mehr als 200 Steine fliegen, unter anderem auf das Gericht. Die Polizei schließt nicht aus, dass die Randale eine Reaktion auf die hohen Sicherheitsvorkehrungen beim G7-Gipfel waren.
„Wir haben einen unglaublichen Gewaltexzess erlebt. Das Ganze hat nichts mit Politik zu tun. Das ist Kriminalität in Reinstform“, sagt Stadtsprecher Matthias Hasberg am Samstag. Mit der Polizei und vor allem auch mit dem Innenministerium müsse jetzt überlegt werden, welche Maßnahmen getroffen werden könnten, um solche Gewaltausbrüche schon im Keim zu ersticken.
Erhöhte Alarmbereitschaft
„Das A&O ist die Präsenz“, sagt Polizeipräsident Merbitz. „Die dürfen überhaupt nicht zur Entfaltung kommen.“ Für das Wochenende sei die Polizei in der Stadt in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt worden. Danach überlege er eine Soko einzurichten, die sich mit der Aufklärung der Anschläge - die zu Jahresbeginn mit einer Attacke auf eine Polizeistation begannen - befasst. Die maskierten Angreifer entkamen danach meist unerkannt in der Dunkelheit.
In Leipzig gibt es nach Einschätzung des Polizeichefs eine militante, gewaltbereite, linksextreme Szene. Für die sei es kein Problem, ein paar Hundert Leute zu einer sogenannten Spontandemo zu mobilisieren. Merbitz sagt: „Wenn wir Präsenz zeigen wollen, brauchen wir mehr Polizeikräfte.“
Auch Landtagspolitiker von SPD und CDU verurteilen den Angriff. Christian Hartmann, innenpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, erklärt, er wolle sich „für eine erhöhte Polizeipräsenz in der Messestadt einsetzen“. Zudem solle überlegt werden, das ebenfalls Merbitz unterstellte Operative Abwehrzentrum zur Extremismusbekämpfung so zu verstärken, dass es „sich konkret mit der Aufklärung von Straftaten des linksextremen Spektrums in Leipzig“ befassen kann. (dpa)
