Harz Harz: Genüssen auf der Spur
Halle/MZ. - Damals wurde sie von Friedrich Wilhelm Witte gegründet, erhielt seinen Namen und führte den Stolberger Zwieback zu großem Ruhm. Harz ohne Friwi? Das gab es zwar zwischendurch für einige Jahre, aber Harz mit Friwi ist viel besser. Die große kleine Bäckerei, seit 1992 wieder in Familienbesitz, lässt es sich nicht nehmen, im Regionaldorf Harz-Harzvorland zum Sachsen-Anhalt dabei zu sein. Und wenn es tatsächlich jemanden gibt, dem die lecker Kekse fremd sind, der kann dort ja kosten.
Dabei bietet der Harz Spezialitäten aller Art, egal ob süß oder deftig. An der Spitze des Bekanntheitsgrades dürfte zweifellos eine anrüchige Leckerei stehen: Harzer Käse - ein Einwanderer. Vor 350 Jahren verschlug es im Dreißigjährigen Krieg Schweizer Familien ins Selketal. Sie brachten den Käse mit, der bis heute Harzer genannt wird. Das Rezept: Trockener Sauermilchquark, Reifungssalze, Speisesalz, Wasser und eventuell Kümmel werden gemischt, geknetet und geformt - zu Stangen, großen und kleinen Rundstücken. Für den weißen Edelschimmelkäse wird eine Schimmelkultur aufgesprüht. Beim herzhafteren Gelbkäse erzeugen Bakterien eine Rotschmiere.
Und noch etwas gehört nahezu sprichwörtlich zum Harz: Schierker Feuerstein. Der Kräuter-Halb-Bitter wurde vom Apotheker Willy Drube erfunden, der damit die Verdauungsprobleme Schierker Kurgäste lindern wollte. 1924 erwarb er für sein köstliches Getränk ein Patent und verkaufte schon bald in seiner Apotheke "Zum Roten Fingerhut" am Fuße des Brockens immer größere Mengen davon.
Drubes Erben siedelten 1952 nach Bad Lauterberg über und produzierten dort die Spezialität weiter. Und auch in einem DDR-Betrieb füllte man das Kräuterlabsal ab. Nach der Wiedervereinigung 1990 folgte die Gründung der Schierker Feuerstein GmbH & Co. KG, die die Produktion bis heute in Bad Lauterberg weiterführt.
Der Harz und seine Köstlichkeiten - je nachdem wie weit man den Begriff fasst, kommt Bekanntes oder so mancher Geheimtipp zur Sprache. Vom Alltäglichen zur Spezialität brachte es beispielsweise das Harzer Höhenvieh, eine alte Nutztierrasse. Die wurde von den Bergleuten als Arbeitstier, Fleisch- und Milchlieferant genutzt und war überlebenswichtig für die Familien. Später drohte sie auszusterben, wurde deshalb 1997 zur gefährdeten Nutztierrasse des Jahres erklärt. Heute hat man die Qualitäten der roten Tiere längst wieder entdeckt und züchtet. In Tanne beispielsweise, in Osterode oder Bad Grund. Auf das Fleisch schwören Liebhaber kräftiger Steaks und Braten und auch Experten wie Sternekoch René Bobzin, der mittlerweile in Goslar das "Henrys" führt.
Für süße Leckermäuler empfehlen sich Argenta und Bodeta, Schokoladen- bzw. Süßwarenfabriken aus Weißenfels und Oschersleben. Richtig: Brockensplitter, Brockentröpfchen oder Bodekiesel gehören zu ihren Erzeugnissen, die durchaus als harztypisch gelten.
Wer im Bodetal unterwegs ist, sollte nicht vergessen eine Harzer Forelle zu probieren, die in jedem der zahlreichen Gasthäuser auf der Speisekarte stehen. Natürlich auch außerhalb des Bodetales, doch dort ist es besonders spannend beim Essen. Schließlich kann man sich hier mit dem schmackhaften Endprodukt aus der Küche ebenso beschäftigen wie mit quicklebendigen Exemplaren beim Blick aus dem Fenster in die glasklare Bode.
Zum Markenzeichen neueren Datums wurde Kukkis Erbsensuppe, an der seit der Wende kein Harztourist mehr vorbeikommt. Die Gulaschkanone neben dem Bahnhof Drei Annen Hohne steht täglich unter Dampf, ebenso die am Standort B 27 zwischen Elend und Braunlage. "Kukki" Jürgen Kurkiewicz, einst 25 Jahre Offizier bei der NVA, hat nach der Wende auf Erbsensuppen-Koch umgesattelt und damit das Geschäft seines Lebens gestartet. 120 000 Dosen verkauft er heute im Jahr und wird auch schon mal "Erbsensuppen-Millionär" genannt.
Millionenfach verkauft sich auch eine andere Harzer Spezialität, egal, ob nun Flaschen oder Liter gezählt werden. Hasseröder ist im Osten Deutschlands unangefochtener Marktführer im Pilssegment. Schon 1872 wurde die Brauerei unter dem Namen "Zum Auerhahn" im heutigen Wernigeröder Stadtteil Hasserode gegründet. Zu DDR-Zeiten bekam man den beliebten Gerstensaft nur in der Region. Heute ist Hasseröder zwar viertgrößter deutscher Produzent, allerdings fest in internationaler Hand. War zunächst die belgische Interbrew-Gruppe Eigentümer, schloss diese sich mit der brasilianischen AmBev zur InBev zusammen - dem weltweit größten Brauereikonzern.
Ganz klein - aber fein - mutet dagegen ein Angebot an, das außerhalb der Harzregion noch ein Geheimtipp sein dürfte: Wein vom Harzrand. Im Weingut Kirmann in Westerhausen werden seit 1989 auf inzwischen 3,2 Hektar liebevoll Rebstöcke gepflegt, die unverwechselbare Weine hervorbringen. Spätburgunder, Dornfelder, Riesling . . . - da staunt der Liebhaber.
Die Liste der Harzer Genüsse ließe sich noch trefflich fortsetzen. Man denke nur an Halberstädter Würstchen oder die kleinste Spirituosenmanufaktur in Zorge, an Stolberger Lerchen oder an noch so manche andere Spezialität. Es gibt viel zu probieren.