Halberstadt Halberstadt: Empörung über NPD-Auftritt
Halberstadt/MZ. - Für Reiner Straubing ist klar: "Das ist makaber", sagt der Mann vom Halberstädter Bürgerbündnis. Eine Mahnwache der NPD nahe dem Dom zum Besuch des israelischen Botschafters - damit hatte nicht nur Straubing ein Problem. Vom Domplatz aus wurden 1942 die letzten Halberstädter Juden deportiert. 150 Meter entfernt von der NPD stehen die Steine der Erinnerung - ein 1992 eingeweihtes Mahnmal. "Mir wäre es lieb gewesen, hätte man diese Veranstaltung verboten", so Straubing. "Zumindest hätte ich mir gewünscht, dass es nicht an diesem sensiblen Ort passiert", ergänzt Rainer Neugebauer, ebenfalls in dem Bürgerbündnis aktiv.
Im Halberstädter Landratsamt, das die NPD-Aktion am Dienstag unter Auflagen zugelassen hatte, sieht man sich ähnlich heftiger Kritik ausgesetzt wie im Frühjahr dieses Jahres, als ein Anti-Nazi-Konzert des Liedermachers Konstantin Wecker in einem Gymnasium nicht stattfand. Angesichts der Drohung der NPD, dann auch Konzerte in Schulen veranstalten zu wollen, hatte der Landrat damals die Schule als Veranstaltungsort abgelehnt. Dies war bundesweit auf großes Unverständnis gestoßen.
Ordnungsamtsleiter Heinrich Dhemant verteidigt die neue Entscheidung. "Schade, dass auf dem Rücken des Kreises ein Problem ausgetragen wird, das ein bundesweites ist: die Zulässigkeit der NPD", sagt er. Man habe keine Möglichkeit gehabt habe, die Veranstaltung der Rechten zu untersagen. "Wer Veranstaltungen der NPD verbieten will, muss die NPD verbieten", so Dhemant mit Verweis auf Urteile des Bundesverfassungsgerichts zum Versammlungsrecht.
"Wir haben uns eine Woche lang mit allen Möglichkeiten befasst, die Mahnwache aus Gründen der öffentlichen Ordnung zu untersagen", so der Ordnungsamtsleiter - einen Ansatz habe man nicht gefunden. "Wir teilen die Betroffenheit der Bevölkerung, aber wir sind an Recht und Gesetz gebunden."
Die Auffassung wird längst nicht überall geteilt. Die Stadt Halberstadt hat den Kreis scharf kritisiert. "Gäste empfängt man nicht mit Protesten, auch wenn man nicht mit allem einverstanden ist", so Bürgermeister Harald Hausmann. Die Stadt habe sich ausdrücklich gegen eine Genehmigung der NPD-Aktion ausgesprochen.
"Man hätte es darauf ankommen lassen müssen", sagt Pfarrer Walter Bartmuß und meint eine gerichtliche Entscheidung über ein Mahnwachen-Verbot. Spätestens als die NPD den Botschafter im Internet als "Leibhaftigen" bezeichnete, "war eine Grenze überschritten", so Bartmuß. "Das ist eine Hetzveranstaltung, die als Mahnwache getarnt ist."
Zugelassen, so Ordnungsamtschef Dhemant, wurde die NPD-Aktion nicht am ursprünglich von den Rechten geplanten Ort am Dom. Sie erhielten die Auflage, sich 150 Meter entfernt an der Liebfrauenkirche aufzuhalten. Alle Zuwege seien für die mit 60 Beamten anwesende Polizei dort kontrollierbar. "Hätte ein Gericht ein Verbot aufgehoben, hätten wir nicht mal diese Auflage durchsetzen können", so Dhemant.
Tatsächlich ist die rechte Aktion, zu der sich am Abend rund 75 Anhänger trafen, am Eingang zum Dom kaum zu hören und nahezu nicht zu sehen. Polizeiwagen versperren zusätzlich den Blick. Neben dem Dom hängt das Plakat des Bürgerbündnisses: "Gesicht zeigen - Zivilcourage gegen Neo-Nazis & Rechtsextremismus". Große Protestaktionen gibt es nicht. "Wir wollen die NPD-Aktion nicht aufwerten", sagt Neugebauer.
Als die Rechten ihre Parolen skandieren, ist der Domplatz leer. Nach der NPD-Aktion versuchen die Rechten auf unterschiedlichen Wegen zum Dom zu gelangen. Sie werden aber von der Polizei zurückgedrängt.