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Grube Teutschenthal Grube Teutschenthal: Giftmülllager gegen Gebirgsschlag

Von Steffen Höhne 08.11.2019, 19:50
Mit Abfällen werden die Hohlräume verfüllt.
Mit Abfällen werden die Hohlräume verfüllt. A. Stedtler

Halle (Saale) - Mit der Grube Teutschenthal verbinden die meisten Menschen in der Region Halle nicht ein ehemaliges Kalibergwerk oder ein Giftmülllager, sondern ein Erdbeben. Am 11. September 1996, kurz nach halb sechs Uhr morgens, brach ein Sicherheitspfeiler unter der Last des Deckengebirges zusammen. Auf mehreren Quadratkilometern stürzte die Grube ein.

Die Folgen waren immens: Obwohl sich das Unglück in 700 Metern Tiefe ereignete, wurden durch den Gebirgsschlag dutzende Häuser teils schwer beschädigt, Fernleitungen und Stromversorgung unterbrochen. Auch im einige Kilometer entfernten Halle-Neustadt zitterten damals die Gläser in den Schrankwänden, denn die Magnitude des Erdbebens lag bei 4,9.

Teutschenthal: Kammern werden mit Gemisch verfüllt

Kilometerlang erstrecken sich die Stollen und Hohlräume des ehemaligen Kalibergwerks, das bereits 1982 geschlossen wurde. Damit sich ein solcher Gebirgsschlag nicht wiederholt, wird die ehemalige Lagerstätte seit Jahren vom Unternehmen GTS Grube Teutschenthal Sicherungs GmbH verfüllt.

Einige Kammern sind mehrere hundert Meter lang und 18 Meter hoch. Diese werden mit einem sogenannten Dickstoffversatz gefüllt. Dafür genutzt werden giftige Filterstäube aus Müllverbrennungsanlagen. Diese werden mit Bindemittel und einer Salzlösung zu einem betonartigen Gemisch vermengt und dann in die Kammern gepumpt.

Nach früheren Firmen-Angaben enthalten die Stäube Schwermetalle wie Blei, Arsen und Cadmium. Doch laut Betreiber sind sie in den trockenen Salzstöcken fest gebunden und stellen keine Gefahr dar.

Doch in dem alten Bergwerk werden nach Angaben von GTS auch Produktionsabfälle aus der Industrie in flüssiger und fester Form sowie Schlämme aus der Reinigung von Industrieabwässern gelagert. Eine vermutlich dadurch entstandene Geruchsbelästigung hat in den vergangenen Jahren zu massiven Bürgerprotesten geführt. Besonders die Bewohner des Ortes Angersdorf sind betroffen, da der Entlüftungsschacht bei ihnen im Dorf aus der Erde kommt.

Gestank aus Bergwerk verursacht massive Proteste

Die Anwohner leiden nach eigenen Angaben unter Kopfschmerzen, können ihre Fenster nicht mehr öffnen, ihre Gärten nicht mehr nutzen. Nach Angaben des Landesamtes für Geologie und Bergwesen sind sogenannte Filterwasser für den Gestank verantwortlich.

Das Unternehmen reagierte nach langen Diskussionen und behördlichen Interventionen. Bestimmte Stoffe dürfen nicht mehr eingelagert werden und das Freiluftlager in Teutschenthal-Bahnhof wurde geschlossen. Nach Angaben einer Bürgerinitiative „gast die Grube jedoch weiter aus“. Die Bürgerinitiative fordert eine „Wiederherstellung eines lebenswerten Wohnumfeldes“.

Das Bergamt verweist auf den geplanten Bau eines hohen Schlotes. Durch diesen soll die Geruchsbelästigung im Umfeld gesenkt werden. Das Landesamt für Umweltschutz hat drei Messstellen für eine Langzeitüberwachung aufgestellt. Anfang 2020 sollen die Daten ausgewertet werden und gegebenenfalls weitere Maßnahmen ergriffen werden. (mz)