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Glücksspiel Glücksspiel: Ein Millionär als Pechvogel

Von Katrin Löwe 30.11.2007, 18:20

Westerhausen/MZ. - Der Lotto-Schein liegt gut verwahrt auf dem Sideboard im Haus von Günter und Sigrid Körner in Westerhausen (Landkreis Harz). Per Kundenkarte ist das Ehepaar mit seinen Tipps und Wohnanschrift bei der Lotto-Toto GmbH registriert - im Glücksfall also auf der sicheren Seite. Nur wenige dürften das so zu schätzen wissen wie Körners. Sie erlebten hautnah mit, wie 1999 in ihrem Ort ein Millionengewinn verfiel.

Körners führten damals als Gemischtwarenhändler die einzige Lotto-Annahmestelle in Westerhausen. Noch heute sinnieren sie manchmal, wer es gewesen sein mag, der am 14. Januar 1999 um 10.41 Uhr den Schein für "Tele-Bingo" - eine 2007 in Sachsen-Anhalt eingestellte Lotterie - in ihrem Laden abgab. Ein Stück Papier, das bald 1,013 Millionen D-Mark wert war und dem 2 100-Seelen-Ort lange Kopfzerbrechen bereitete. "Wir waren immer überzeugt, dass der Gewinner ein Westerhausener war", sagt Günter Körner. Sein Laden lag in einer Nebenstraße, hatte nur wenig unbekannte Kundschaft. Dennoch: Wochenlanges Warten blieb ebenso ergebnislos wie Aufrufe der Lotto-Toto GmbH und etliche Beiträge von Fernsehsendern und Zeitungen.

Wie viele Westerhausener damals Schubladen und Schränke zigmal nach Scheinen durchsucht haben, darüber darf spekuliert werden. Gesucht wurde jedenfalls, und wie! Sigrid Körner, mit Leib und Seele Lottoverkäuferin, fuhr sogar selbst zu einer Rentnerin, die in ein Heim gezogen war. "Sie hatte ihren Schein aber schon weggeworfen, weil sie meinte, nichts gewonnen zu haben. Vielleicht war sie es?", fragt sich Günter Körner heute. Ausschließen wollte er gar nichts - selbst das eigene Glück nicht.

"Manchmal, wenn das Geschäft gut lief, habe in zusätzlich noch ein, zwei Tipps gespielt - ohne Kundenkarte", sagt er. Also wurde auch bei Körners gefahndet. Als ihm alles zu bunt wurde, kippte der Geschäftsmann sogar die blaue Tonne auf dem Hof um, nahm jeden Schnipsel noch einmal in die Hand. "Ich dachte, vielleicht hat ihn jemand bei uns weggeworfen, ohne ihn noch mal prüfen zu lassen." Ein Schein, nur zwei Registriernummern unter dem Millionengewinn, entzückte dann zwar selbst den Lotto-Bezirksleiter. Wert aber war er gar nichts. Und der 17. April, der Tag, an dem der Gewinn verfallen sollte, rückte immer näher. Körners ließen ihren Laden an jenem letzten Tag sogar eine Stunde länger als gewöhnlich auf. Punkt 12 Uhr war dann aber auch alles Hoffen vorbei. Bis heute weiß niemand, wer da vom Glückspilz zum Pechvogel avancierte.

Dass Lottogewinne nicht abgeholt werden, ist so selten nicht. 1,2 Millionen Euro ließen Tipper im vergangenen Jahr verfallen - meist Gewinne bis zu 25 Euro. Das Geld fließt dann zurück in Sonderauslosungen, bis es vergeben ist. Gleich zweimal aber wurde laut Lotto-Toto GmbH Sachsen-Anhalt im Jahr 1999 ein Riesengewinn nicht eingelöst. "Beide im Harzvorland", so Lotto-Sprecherin Ute Semkat.

Körners blieb am Ende nur ein Trost, als sie zur Euro-Umstellung ihren Laden aufgaben: Andere sind darin reich geworden. 792 000 D-Mark hatte ein Paar aus Westerhausen vier Jahre vor dem verhinderten Millionen-Coup schon gewonnen, 360 000 gingen als letzter Riesen-Gewinn aus Körners Laden hervor. Ihnen selbst blieb das Lotto-Glück indes versagt. "Mal 60 Euro, das war's", sagt Körner. 100 000 wären ihm ganz lieb. Die 38 Millionen, die jetzt im Jackpot sind, will er nicht. "So viel Geld, das ist mir zu unheimlich."