Geheimer Kali-Vertrag Geheimer Kali-Vertrag: Kopien sorgen für Aufregung

Erfurt - Der Chef der Thüringer Links-Fraktion, Bodo Ramelow, hält den lange geheim gehaltenen Kali-Vertrag von 1993 für sittenwidrig und damit für unwirksam. Die Vereinbarung zwischen der Treuhandanstalt und der K+S AG aus Kassel (Hessen) sei „soweit ersichtlich“ zulasten Dritter ohne deren Wissen und damit zulasten Thüringens geschlossen worden, sagte Ramelow gestern in Erfurt. Er hatte nach eigenen Angaben einen Aktenordner anonym zugeschickt bekommen, der auch den geheimen Vertragstext enthalten soll. Die Authentizität sei aber noch unklar. Auch SPD und FDP bestätigten entsprechende Zusendungen. Ramelow betonte zugleich, es gehe ihm aber nicht um eine Veröffentlichung der Dokumente.
Schließung der Grube Bischofferode
Der Kali-Vertrag hatte unter anderem die Schließung der Grube Bischofferode zur Folge. Gegen ihre Stilllegung hatten Bergleute im Sommer 1993 wochenlang mit einem Hungerstreik gekämpft. Die Vereinbarung hatte enorme Konsequenzen für den Kali-Bergbau in Thüringen und machte damals auch bundesweit Schlagzeilen.
Der Landtag will sich mehr als zwei Jahrzehnte nach der umstrittenen Fusion nun erneut damit beschäftigen. Vertreter der Oppositionsfraktionen verlangen von der Landesregierung Aufklärung darüber, ob und seit wann sie im Besitz einer Kopie des Vertrags gewesen ist. Die heutige Sondersitzung des Parlaments beantragte die Linke-Fraktion, nachdem bekanntgeworden war, dass seit Sommer 2013 im Wirtschaftsministerium eine Vertragskopie im Tresor liegen soll.
Ramelow kritisierte, dass die Landesregierung offenbar kein Interesse an einer Aufklärung habe. Es sei immer argumentiert worden, dass es dazu keine Unterlagen gebe. Falls der Vertrag den Landesregierungen aber seit 1993 vorgelegen habe, sei „das Parlament 20 Jahre lang angelogen worden“. Ansonsten müsse die jetzige schwarz-rote Regierung eingestehen, dass sie massiv betrogen worden sei, betonte Ramelow. Er verwies dabei auf einen Generalvertrag von 1998, in dem der Bund seinen Anteil an der Altlastensanierung mit einer Zahlung abgegolten habe. Dadurch könnten nun in den kommenden Jahren laut Ramelow für das Land Kosten in Höhe von bis zu zwei Milliarden Euro entstehen. Einen Untersuchungsausschuss forderte er angesichts der nahenden Landtagswahl im September nicht.
Aufklärung gefordert
Auch die SPD-Fraktion forderte von Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) Aufklärung. „Die Vorwürfe, die im Raum stehen, wiegen schwer - bis dahin, dass die diskutierten Verträge möglicherweise unter Annahme falscher Voraussetzungen zustande kamen“, betonte Fraktionschef Werner Pidde. Die Staatskanzlei müsse nun prüfen, ob die Geheimhaltungspflicht aufgehoben werden könne. Seine Fraktion habe gestern per Post ein Paket mit Unterlagen erhalten. Es sei von einem Absender aufgegeben, der nicht seriös erscheine und sich selbst als „Herr Dossier“ bezeichne, fügte Pidde hinzu.
FDP-Fraktionschef Uwe Barth betonte, dass die Landesregierung nicht länger versuchen dürfe, relevante Informationen gegenüber dem Parlament „zu verschweigen oder zu vertuschen“. Grünen-Fraktionschefin Anja Siegesmund forderte ebenfalls „Klarheit“ über die Verpflichtungen, die sich für das Land durch den Kali-Vertrag noch ergeben könnten.(dpa)
