1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Gebietsreform: Gebietsreform: Thüringens CDU-Regierung sieht keinen Handlungsbedarf

Gebietsreform Gebietsreform: Thüringens CDU-Regierung sieht keinen Handlungsbedarf

Von Eike Kellermann 08.03.2004, 17:31

Erfurt/MZ. - In Thüringen ist eine Gemeinde-und Gebietsreform das gleiche heiße Eisenwie anderswo - deshalb lässt die CDU-Landesregierungauch tunlichst die Finger davon. Sie siehtin dieser Angelegenheit "keinen Handlungsbedarf".Das ist in erster Linie der Landtagswahl am13. Juni geschuldet. Der zuständige InnenministerAndreas Trautvetter (CDU) macht daraus auchkeinen Hehl: "Wir machen es nicht, weil dieDebatte vor der Wahl nicht objektiv geführtwürde." Des Ministers Sorge gilt indes wohlweniger einer angemessenen Streitkultur alsvielmehr dem Erhalt der absoluten Mehrheit.So viel Todessehnsucht konnte die Regierunggar nicht haben, um in dieser sensiblen ZeitGemeinde- oder Kreiszusammenschlüsse zu erörtern.

Zu welch heftigen Aufwallungen Volkes Seelefähig ist, weiß man nur allzu gut von derersten Kreisgebietsreform im Jahr 1994. DerWiderstand etwa in den südthüringischen KreisenHildburghausen und Sonneberg war damals sogroß, dass die Landesregierung angesichtsvon zehntausenden Demonstranten schließlichklein beigab. Die beiden Kreise haben bisheute lediglich rund 70000 Einwohner. Derbenachbarte Kreis Schmalkalden-Meiningen kommtimmerhin auf die doppelte Größe. Statt ihngeschmeidig "Rhön-Rennsteig" zu nennen, bezeugtder sperrige Name die Abneigungen bei demZusammenschluss.

Neben den 17 Landkreisen gibt es in Thüringensechs kreisfreie Städte. Erfurt, Gera undwohl auch Jena gelten als gesetzt - ganz anderssieht es mit Weimar, Suhl und Eisenach aus.Weimar ist mit mehr als 1500 Euro klarerSpitzenreiter bei der Pro-Kopf-Verschuldung,Eisenach und Suhl erreichen nicht einmal 50000Einwohner. In Eisenach hat man ausgerechnet,dass die Kreisfreiheit die Stadt durch zusätzlicheVerwaltungsaufgaben 1,4 Millionen Euro proJahr kostet. Exemplarisch zeigt sich dort,welche Sprengkraft eine Aufgabe dieses Statusund eine Eingliederung in den Eisenach umgebendenWartburgkreis hätte: Eisenach ist zwar bedeutenderund größer als die jetzige Kreisstadt BadSalzungen. Dort aber ist mit der Kreisverwaltungeine moderne Einrichtung mit wirtschaftlichemGewicht aufgebaut worden.

Bleiben die Gemeinden. Dort setzt die Regierungauf Freiwilligkeit. Allerdings mit wenig Erfolg,seit 1999 gibt es nicht einmal zehn Zusammenschlüsse.Den Altenburger SPD-Abgeordneten Volker Schemmel,Kommunalexperte seiner Fraktion, wundert dasnicht: "Die kleinen Häuptlinge und die Meinungsführervon der Freiwilligen Feuerwehr wollen dochihre Fahne nicht hergeben." Dabei ist statistischbelegt, dass Einheitsgemeinden zwischen 8000und 10000 Einwohner in Thüringen die geringsteVerschuldung und sehr niedrige Personalkostenaufweisen.

Für den Fall eines Wahlsieges hat InnenministerTrautvetter nun angedeutet, bis 2005 eineGebietsreform zu machen. In der Demokratiewäre dann zumindest noch bis zum Ende derLegislaturperiode Zeit für Streicheleinheiten.