Gebietsreform Gebietsreform: Teilung des Landkreises Anhalt-Zerbst ist umstritten
Zerbst/MZ. - "Ich halte gar nichts von der Aufteilung des Landkreises Anhalt-Zerbst", sagt Kreishandwerksmeister Roland Prokop. Nach der Fusion der Kreise Zerbst und Roßlau im Jahr 1994 sei man jetzt organisatorisch gerade zur Ruhe gekommen. Die Kreishandwerkerschaft musste damals vom Kammerbezirk Magdeburg nach Halle wechseln, "was wir gar nicht wollten", so der Kreishandwerksmeister, der die Interessen von 874 Mitgliedsbetrieben vertritt. "Jetzt, wo die Innungsarbeit bei uns funktioniert, wie in nur wenigen anderen Landkreisen, soll das per ,Ordre de Mufti' wieder kaputt gemacht werden", schimpft er. "So kann man mit dieser Region nicht umgehen."
Aus ökonomischen Gründen sei man gerade dabei, die Fusion von Handwerkerschaften vorzubereiten - "und zwar in Richtung Halle". Bei einer Zuordnung des Altkreises Zerbst zum Jerichower Land würde das laut Prokop in Frage gestellt. Die Region Zerbst habe schon immer zu Anhalt gehört, weshalb der Handwerksmeister einen Großkreis um "das für uns wichtige Oberzentrum Dessau" befürwortet.
Ob dies möglich ist, scheint fraglich. Denn auch ohne die Magdeburger Teilungspläne driftet der Landkreis Anhalt-Zerbst schon jetzt auseinander: Gemeinden wie Leitzkau, Ladeburg und Dornburg im Norden haben die Eingemeindung in die Stadt Gommern im Landkreis Jerichower Land beschlossen. In der Stadt Coswig flirtet man schon einige Zeit mit dem Landkreis Wittenberg. Die Gemeinden Rodleben und Brambach wollen mit dem Oberzentrum Dessau zusammengehen.
Zudem schielt Dessau auf die Nachbarstadt Roßlau. Eine Fusion - wie auch von Innenminister Jeziorsky vorgeschlagen - würde Dessaus größten Wunsch erfüllen, nämlich kreisfreie Stadt zu bleiben. Komplizierte Fusionsgespräche kommen gerade in Gang.
Stehen die Zeichen also schlecht für Anhalt-Zerbst? Trotz der sich abzeichnenden Zerfaserung gibt es Kräfte, die sich gegen eine Zerschlagung des Kreises wehren wollen. "Die Zerschneidung von Anhalt-Zerbst ist für alle Seiten nicht begrüßenswert", kritisiert der Leiter der Verwaltungsgemeinschaft "Zerbster Land", Hartmut Kühnel. Er plädiere seit der vorigen Gebietsreform schon für einen Großkreis aus dem ehemaligen Regierungsbezirk mit Dessau als Sitz der Kreisverwaltung. Dabei könne Dessau, das von allen als Oberzentrum akzeptiert werde, durchaus kreisfrei bleiben. Entstehen würde so eine "zukunftsträchtige Region", die mit ihrer Einwohnerzahl auch in Europa wahrgenommen würde.
Der ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete Walter Fischer hat in Zerbst mittlerweile eine Bürgerinitiative "Für einen Regionalkreis Anhalt" gebildet. Dieser soll aus den Kreisen Anhalt-Zerbst, Bernburg und Köthen gebildet werden, während Wittenberg und Bitterfeld fusionieren könnten. Fischer geht es um historische Bindungen und um die Mentalität der Bewohner Anhalts, "die einfach nicht zum Jerichower Land passt". Und er gibt sich optimistisch: "Wenn wir mit 5 000 Unterschriften kommen, das kann kein Minister ignorieren."