Gammelfleisch-Skandal Gammelfleisch-Skandal: Sorgen an der Fleischtheke
Magdeburg/Halle/MZ. - Der neue Gammelfleisch-Skandal ist an Faruk Cagac bisher vorbeigegangen. Negative Folgen für den Umsatz spüre er nicht, sagt der Chef vom Grillhaus "Lady Eda" in Halles City. Allerdings würden "ein paar" Kunden jetzt schon nach der Herkunft seiner Dönerspieße fragen. Denen antwortet Cagac dann, dass die von einer Berliner Firma bezogenen Produkte stets frisch hergestellt würden. "Da liegt nichts ein halbes Jahr in der Kühlung." Das weise der Händler auch nach.
Das überzeugt nicht alle. Jörg Lepka jedenfalls macht "um jeden Döner-Laden einen großen Bogen", seit bekannt wurde, dass unter dem in Bayern festgestellten Gammelfleisch auch tonnenweise Spieße für den Fastfood-Renner waren. "Die Politiker sollten schleunigst über schärfere Kontrollen und Gesetze nachdenken", meint er.
In Magdeburg rennt Lepka damit offene Türen ein. Die von Sozialministerin Gerlinde Kuppe (SPD) in so genannten Risikobetrieben angekündigten verstärkten Kontrollen (die MZ berichtete) bedeuten für die Veterinärämter der Landkreise zunächst jedoch mehr Arbeit: Neben einer allgemeinen Risikoabschätzung - Fleischereien sind öfter zu kontrollieren als Getränkehändler - muss auch das individuelle Risiko abgeschätzt werden. "Wir müssen auflisten, welcher Betrieb positiv bei der Eigenkontrolle auffällt und welcher nicht, das geht nicht vom Schreibtisch aus", sagt der Leiter der Lebensmittelüberwachung in Quedlinburg, Rainer Miethig.
Für Firmen mit funktionierender Eigenkontrolle bedeute dies, dass es statt der bisher vorgeschriebenen vier Kontrollen weniger geben kann. Auffällige Betriebe hingegen müssten öfter kontrolliert werden, so der Veterinär. Die Manipulationsmöglichkeiten könnten allerdings auch bei scheinbar ordnungsgemäß arbeitenden Betrieben vielfältig sein - von gefälschten Lieferbescheinigungen bis zu geschönten Messprotokollen. Kritik übt Miethig an der Organisation der Lebens- und Futtermittelüberwachung im Land: "Wir haben ein riesengroßes Handikap - das zweigeteilte Kontrollwesen." So unterstehen die Lebensmittelkontrolleure dem Sozialministerium, Futter- und Tierkontrolle liegen in Zuständigkeit des Landwirtschaftsministeriums. Beide Ministerien sind aber für ein Landesamt für Verbraucherschutz zuständig. Das sei nicht förderlich für das Ziel der EU, Verbrauchersicherheit vom Stall bis zum Tisch durchgängig zu gewährleisten.
Verbraucher dürfte das Gerangel weniger interessieren. So hofft Karin Bieler, dass der neue Skandal "ein Einzelfall" bleibt. Die Hallenserin will abgepackte Ware weiter im Supermarkt kaufen. "Ich habe Vertrauen. Wenn Fleisch vermeintlich frisch in der Theke liegt, sehe ich doch auch nicht, ob es älter ist."