Freyburg Freyburg: Die Retter der Neuenburg

Freyburg/dpa. - Zusammen mit rund 30anderen Gleichgesinnten, die sich im Wendeherbst jenes Jahres zueiner Bürgerinitiative zusammengefunden haben, erzwingt sie dieBesichtigung der Neuenburg: hoch über dem Unstruttal gelegen,darunter Weinberge und am Fuß des seit rund 900 Jahren besiedeltenSchlossberges die Stadt Freyburg (Burgenlandkreis). Die im SchlossNeuenburg noch bis zum 1. November gezeigte Dokumentation «Mauern gefallen» erinnert an die Ereignisse im Wendeherbst.
In krassem Gegensatz zur landschaftlichen Schönheit steht das, wasdie Mitglieder der Bürgerinitiative damals in Augenschein nehmen.Vorbei an Stacheldraht und Holzzäunen, dem Pförtnerhaus mit dem«Betreten verboten»-Schild und einer Schranke geht es in dieKernburg. Die Gruppe blickt auf kaputte Dächer, herumliegendenBauschutt, mit Brettern zugenagelte Fenster, findet keinen einzigennutzbaren Ausstellungsraum und das Museumsgut wild durcheinandergeworfen. «Es gab Leute, die hatten Tränen in den Augen. Andere wareneinfach sprachlos», erzählt Markwardt.
So bleibt bis 1989 der Kernbereich der Neuenburg Besuchern fast 20Jahre lang verschlossen. 1970 gehen die Tore für die Öffentlichkeitzu, kurze Zeit später wird der Status als Museum aberkannt. «DieseGebäudeteile waren vom Hausschwamm befallen», sagt Jörg Peukert, seit2003 Leiter des Museums Schloss Neuenburg. Eine grundhafte Sanierungdes Bauwerks, in welches die Wartburg in Eisenach gar dreieinhalb Malhineinpassen würde, ist dringend nötig. Die vom Verfall bedrohteAnlage von Schloss Neuenburg gehörte zu den bedeutendsten Burgen derLandgrafen von Thüringen.
Ende des 11. Jahrhunderts begründet von Ludwig dem Springer, wurdedie Neuenburg in den folgenden Jahrhunderten erweitert. Eine Blüteerlebte das Bauwerk unter Ludwig IV. und seiner Gemahlin, derheiligen Elisabeth. Kaiser Friedrich Barbarossa weilte hier als Gastund der Dichter Heinrich von Veldecke vollendete hier um 1185 die«Eneit», das erste weltlich-höfische Versepos in mittelhochdeutscherSprache.
«In den siebziger und achtziger Jahren hat es vehemente Bemühungengegeben, das Bauwerk zu sanieren», sagt Peukert. Dass das bis aufsporadische Instandsetzungs- und Restaurierungsarbeiten nichtpassiert, hat viele Gründe. Die Folgen der DDR-Mangelwirtschaftzählen dazu: «Hatte man das Material, gab es keine Handwerker undumgekehrt. Damit konnten Arbeiten nicht innerhalb bestimmter Fristenausgeführt werden.» Gerüchte, dass DDR-Devisenbeschaffer AlexanderSchalck-Golodkowski Kunstgut aus der Neuenburg hat schaffen lassen,um sie gewinnbringend zu verkaufen, wehrt Peukert ab: «Wir haben dieBestandslisten abgeglichen. Dass er sich hier bedient hat, konntenwir nicht feststellen.»
Am 22. Juni 1989 zerstört ein durch einen Blitzschlag ausgelösterBrand einen Teil des Dachstuhls über dem nördlichen Galerieflügel.Ein Torhaus ist statisch so gefährdet, dass es den Hanghinabzurutschen droht. Peukert sagt: «Hätte die DDR weiter existiert,dann hätte die Neuenburg einen erheblichen Substanzverlust erlitten.»
Nach dem 25. November 1989 geht für Markwardt und dieBürgerinitiative die Arbeit erst richtig los. Anfang des Jahres 1990erwirken sie die Absetzung der alten Museumsmannschaft und dieEinsetzung einer neuen, erste Rettungsarbeiten beginnen. MitFördergeldern, Spenden und dem Engagement von Firmen wiePrivatpersonen wird die Neuenburg restauriert. Die romanischeDoppelkapelle, die Renaissance- und Barockräume, der Festsaal mit demJagdzimmer sowie der Fürstensaal sind nach und nach wieder öffentlichzugänglich. Seit 1998 beherbergt die Neuenburg, die sich inTrägerschaft der Stiftung Dome und Schlösser in Sachsen-Anhaltbefindet, auch ein Weinmuseum.