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Fotofallen im Harz Fotofallen im Harz: Tierisch gute Fotos

Von Iris Stein 16.02.2015, 11:45
Junge Luchse tappen in die Fotofalle. Seit 15 Jahren wird der Luchs wieder im Harz angesiedelt. Wie viele Tiere durch die Wälder streifen, weiß keiner so genau. Ein Fotofallen-Monitoring ist jetzt zu Ende gegangen und muss ausgewertet werden.
Junge Luchse tappen in die Fotofalle. Seit 15 Jahren wird der Luchs wieder im Harz angesiedelt. Wie viele Tiere durch die Wälder streifen, weiß keiner so genau. Ein Fotofallen-Monitoring ist jetzt zu Ende gegangen und muss ausgewertet werden. Nationalpark Harz/dpa Lizenz

Halle (Saale) - Wie viele Luchse gibt es im Harz? Genau weiß das niemand. Weil die Nationalparkverwaltung allerdings gern auskunftsfreudig wäre und den Erfolg ihres Luchsprojektes natürlich auch messen möchte, wurde eine umfassende Aktion gestartet. 120 Kameras standen jeweils rund 100 Tage lang an 60 verschiedenen Standorten im Harz, um der Zahl der Luchse auf die Spur zu kommen. Um es vorweg zu nehmen: Wie viele nun in der etwa 800 Quadratkilometer großen untersuchten Region leben, weiß zwar immer noch keiner, aber vieles andere war zu erfahren.

Jede Menge Wildkatzen

Es gibt im Harz zum Beispiel neugierige Füchse mit unverschämtem Liebreiz, rasende Wildsauen, dekorationsversessene Hirsche und eilige Hasen. Und jede Menge Wildkatzen. „Dass wir so viele Wildkatzen ablichten - immerhin 240 Bilder von ihnen gibt es als Ergebnis unserer Aktion -, hätten wir nicht gedacht“, sagt Ole Anders, Koordinator des Luchsprojektes seit 2005. Doch auch die eigentlich gesuchten Luchse gingen in die (Foto-)Falle. Auf fast 270 der insgesamt knapp 4 500 Bilder sind sie zu sehen, und diese Fotos müssen nun ausgewertet werden. Sie werden verglichen, die Tiere an ihrem Fleckenbild identifiziert und letztlich daraus ihre Anzahl bestimmt. Wie oft wurden dieselben Luchse fotografiert, wie weit lagen dabei die Kamera-Standorte auseinander, auf wie viele Großkatzen lässt das pro 100 Quadratkilometer schließen? Das sind die Fragen, die jetzt beantwortet werden müssen, und das wird eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen.

„Es ist unmöglich, sich den ganzen Tag lang mit den Fotos zu beschäftigen“, erklärt Ole Anders. „Dennoch wollen wir das Material zügig sichten.“ Damit den zwei Fachleuten, die das in St. Andreasberg tun, auch wirklich kein Luchs durch die Maschen geht, hilft eine Kollegin aus dem Bayerischen Wald. Ihr wurden die Fotos zugeleitet, so dass sie ebenfalls alle Luchs-Bilder sichten kann. In Bayern hat man Erfahrung mit den heimlichen Katzen und so garantiert dieser zweite Blick mehr Zuverlässigkeit in der Auswertung.

Welche Kameras verwendet wurden und was bei der Vorbereitung am längsten gedauert hat, lesen Sie auf Seite 2.

Die installierten Fotoapparate waren übrigens ganz normale Kompaktkameras, gekoppelt mit einem Bewegungsmelder. Diesen in eine bestimmte Richtung mit einem bestimmten Winkel auszurichten, weil die „Fallen“ ja immer paarweise arbeiteten, erwies sich als gar nicht so einfach. „In den Nachtstunden wurde für die Aufnahmen ein Blitz ausgelöst“, gibt der Projektleiter weiter Auskunft. „Das ist zwar nicht besonders beliebt, aber die alternativen Infrarotblitze liefern keine gestochen scharfen Bilder.“ Im Gerät befand sich eine ganz normale SD-Karte zur Speicherung der Aufnahmen, die ganze Apparatur war in einem Stahlkasten verpackt. Die tierischen Models erwiesen sich zwar als neugierig, akzeptierten aber ansonsten den Voyeurismus der Experten - sie randalierten nicht, alle Kameras blieben heil. Die Geräte-Standorte waren kein Zufall, sondern genau dort, wo man Luchse vermutete.

„Was ist für die Tiere interessant, was steuern sie an? Das waren zum Beispiel Standort-Kriterien, für die wir übrigens ebenfalls auf bayerische Erfahrungen zurückgegriffen haben“, verrät Luchs-Experte Anders. Immerhin: Bei mehr als der Hälfte hatte er das richtige Gespür - die Luchse tappten vor die Linse.

Die entschieden längste Zeit der Vorbereitung des tierischen Foto-Shootings erforderte aber - man ahnt es - die Datenschutz-Diskussion. Zu beiden Seiten der Landesgrenze zwischen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt wurde letztlich die gleich hohe Anzahl Kameras aufgestellt. Doch während Niedersachsen die Platzierung an Waldwegen erlaubt, ist das in Sachsen-Anhalt nur abseits der Wege möglich, so blieb hier das Gebiet auf das Nationalpark-Gelände beschränkt. Und obwohl die in 60 Zentimeter Höhe befindlichen Objektive bestenfalls Schuhe oder Fahrradreifen erfassen konnten, warnten reflektierende Schilder in 15 Metern Abstand vor den neugierigen Nationalpark-Linsen. „Nur vier Personen hatten Zugriff auf das Bildmaterial“, erläutert Forst-ingenieur Anders den weiteren Datenschutz in Sachsen-Anhalt. „Es wurde nur auf vorher dafür definierten Rechnern abgespeichert. Diese waren nicht mit dem Landesnetz verbunden, so dass auch kein Internetzugriff möglich ist.“

Fast jede Woche galt es, die Kameras zu kontrollieren. Schnee, fleißige Spinnen, die sich wohl selbst am telegensten fanden, ein kräftiger Regenguss - alles Gründe, wieder für klare Sicht und weitere Schnappschüsse sorgen zu müssen. Alle „menschlichen“ Bilder wurden so frühzeitig aufgespürt und umgehend gelöscht.

Jetzt zählt nur noch eines: die Luchse. Wir werden erfahren, wie viele sie sind. (mz)

Ertappt: Ein Fuchs blickt in eine der Kameras, die im Nationalpark aufgestellt wurden.
Ertappt: Ein Fuchs blickt in eine der Kameras, die im Nationalpark aufgestellt wurden.
Nationalpark Harz