FDP-Spitzenkandidatin FDP-Spitzenkandidatin: Cornelia Pieper - Kämpferin für die Kultur

Halle (Saale)/MZ - Politik, sagt Cornelia Pieper, bedeute vor allem auch, auf Menschen zuzugehen. Und wie zum Beweis steuert sie flott auf einen der Tische im Garten eines griechischen Lokals in Halle zu und begrüßt Bekannte. Die FDP-Politikerin, Spitzenkandidatin in Sachsen-Anhalt für ihre Partei zur Bundestagswahl, hat diesen Gesprächsort vorgeschlagen. Keine schlechte Wahl, man sitzt entspannt, die Bedienung ist liebenswürdig, das Essen lecker. So lässt es sich entspannt über das Politische reden.
Die 54-jährige Hallenserin mit dem Arbeitsort Berlin schätzt es, bei aller berufsbedingten Umtriebigkeit gelassen über die Dinge zu reden. Es darf auch mal gelacht werden. Und Klarheit ist Cornelia Pieper wichtig. Etwa, wenn es um die Kultur, speziell die Theater in Sachsen-Anhalt geht.
Deren Erhalt liegt ihr am Herzen, daher hat sie unlängst als eine der Initiatorinnen eine Volksinitiative mit dem Ziel gestartet, 30 000 Unterschriften für das Anliegen zu sammeln. Dann wird der Landtag sich nochmals mit den umstrittenen Sparbeschlüssen befassen müssen und das Kultusministerium die sieben Millionen Euro, um die es geht, vielleicht doch noch an einer anderer Stelle finden.
Piepers Einsatz für die Bühnen allein unter der Rubrik Wahlkampf abzulegen, wäre sicher zu kurz gesprungen. Dass die Kultur zum Wichtigsten gehört, das dieses Land besitzt, davon ist die Staatsministerin im Auswärtigen Amt überzeugt. Schließlich ist sie dort auch für die Auswärtige Kulturpolitik zuständig.
Ihre Maxime für die Politik: Neugierig müsse man bleiben. Aufgeschlossen sowieso. „Politik hat vorwiegend mit Kommunikation zu tun.“ Was den Kampf durchaus einschließt, auch die Anstrengung. „Aber es macht einen Riesenspaß“, sagt die liberale Frontfrau Sachsen-Anhalts. Pieper freut sich auf den Wahlkampf. „Man muss andere leidenschaftlich von seinen Ansichten überzeugen“, sagt sie. So einfach ist das. Pieper vertraut auch darauf, dass es den Menschen wichtig ist, dass ihr Land, ihre Region auch in der „großen Politik“ vertreten wird. Das findet sie selber wesentlich - mindestens so sehr wie den Reiz, in ihrem Geschäft das scheinbar Unmögliche doch zu schaffen.
Einigung für Standards an den deutschen Auslandsschulen
Ein Beispiel? Das hat sie natürlich parat. Kaum jemand habe geglaubt, dass es gelingen könnte, zu einem Gesetz zu kommen, das die Standards an den deutschen Auslandsschulen einheitlich regelt. Immerhin mussten sich dafür Bund und Länder einigen, was bei Bildungsdingen, die in Länderhoheit liegen, nicht die leichteste Übung ist. Aber es gelang, gerade noch zum Ende der Legislatur.
Das hat Cornelia Pieper, auf deren Betreiben hin die Dinge in Gang kamen, sicher Freunde eingetragen. Vielleicht aber auch Feinde, das kommt ja vor in der Politik. Sogar aus den Reihen der eigenen Partei fliegen manchmal Pfeile. „Mancher, den ich für einen Freund hielt, entpuppte sich als Gegner.“ Das verletze sie schon, sagt Pieper, aber sie nimmt es sportlich. „Das muss man lernen.“
Im Übrigen sei es so, dass es Frauen leichter falle, damit umzugehen, „weil sie auf Integration setzen, auch auf Kompromisse, um erfolgreich zu sein“, sagt sie. Und ist im Übrigen davon überzeugt, dass man durch Konfrontation gar nichts erreicht in der Politik. Was den demokratischen Meinungsstreit nicht ausschließe.
An ihrer Partei macht der Freiheitsgedanke für Pieper das Besondere aus. „Freiheit und Verantwortung sind zwei Seiten einer Medaille“, bekräftigt sie. Dabei beruft sich die Staatsministerin aus Halle auf die Galionsfiguren der FDP: Walter Scheel und Hans-Dietrich Genscher natürlich, den Hallenser, der als Architekt der deutschen Einheit gilt. Diese Männer hätten Recht behalten, „sonst würden wir jetzt hier nicht sitzen.“ Zumindest wäre der Grieche kein Grieche, sondern vielleicht eine HO-Gaststätte.
Pieper sieht keine FDP-Abkehr bei Kampf um Bürgerrechte und Bildung
Ein launiges Gedankenspiel, das unmittelbar dem Ernst der nächsten Frage weichen muss: Nein, sagt Cornelia Pieper, die ihre Freunde „Conny“ nennen, mit aller Energie: Die FDP habe keineswegs ihr Profil zugunsten wirtschaftsliberaler Positionen verändert, man möge sich nur an den Kampf gegen die Vorratsdatenspeicherung erinnern. Für Pieper geht es hier um eine Grundsatzfrage, sie mahnt aber zugleich: „Die FDP ist vom Wesen nicht nur wirtschaftsliberal, sie verteidigt als einzige Partei konsequent Bürgerrechte und wirbt für mehr Bildungsgerechtigkeit“.
Und welches Ass sticht gegen die Union, den Koalitionspartner, von dem sich die Liberalen auch abgrenzen müssen, um erkennbar zu sein? Da macht sich Cornelia Pieper wenig Sorgen, im Gegenteil sei es doch so, dass manche schon gefunden hätten, die FDP kritisiere die CDU/CSU zu stark. Dabei hätten sie natürlich gemeinsame Ziele auf den Feldern Wirtschaft, Sicherheit, Soziales und Bildung. Nur über den Weg müsse man gelegentlich streiten, wie beim Betreuungsgeld, von dem Pieper nie etwas gehalten hat. Vielmehr streitet sie für Kindertagesstätten als Orte frühkindlicher Bildung - wie man es in Sachsen-Anhalt schon lange favorisiert. Hier, sagt die Liberale, hätte der Westen wirklich vom Osten lernen können.
Gelassen, souverän spricht Pieper, nur einmal wird sie sehr prinzipiell: Nein, die im Bürgertum gelandeten Grünen seien nicht die neuen Liberalen und daher auch keine Konkurrenz für die FDP. Zumal im Bereich der Umweltpolitik erweise sich das, da strebten die Grünen immer noch nach einer „Ökodiktatur“. Sie hingegen halte grundsätzlich nichts von einer ideologischen Politik: „Man sollte viele Blumen blühen lassen“, auch im Bildungsbereich, wo sich Pieper für vielfältige Schulformen und mehr Eigenständigkeit staatlicher Schulen stark macht. Pieper glaubt, dass sich etwas ändern wird, aber es werde manchmal eben lange dauern. „Das 13. Schuljahr haben wir ja auch abgeschafft“, sagt sie - obwohl es erst kurz nach der Wiedervereinigung eingeführt worden war.
"Die beste Sozialpolitik ist eine gute Bildungspolitik.“
Was macht Cornelia Pieper froh? Die friedliche Revolution, die deutsche Einheit - das sei weiter keine Selbstverständlichkeit für sie. „Das ist ein großes Glück“. Und wie hält sie es mit dem Thema soziale Gerechtigkeit, das eine große Rolle im Wahlkampf spielt? Kanzlerin Merkel hat Wohltaten angekündigt, die Grünen wollen den Besserverdienenden an die Geldbörse gehen.
„Ich weiß nicht, ob eine Gesellschaft gerechter wird, wenn man ankündigt, mehr verteilen zu wollen“, sagt Pieper. „Es geht um Leistungsgerechtigkeit. Diejenigen, die arbeiten, dürfen nicht schlechter gestellt sein als andere, die nicht arbeiten. Und die beste Sozialpolitik ist eine gute Bildungspolitik.“
Was den Wahlausgang betrifft, hat Cornelia Pieper einen Wunsch und eine Maxime. Der Wunsch ist, „dass die CDU und die FDP die Kraft haben werden, eine neue Regierung zu stellen“. Die Maxime geht auf Theodor Heuss, den ersten deutschen Bundespräsidenten, zurück: „Der einzige Mist, auf dem nichts wächst, ist der Pessimist“, zitiert Pieper: „Und ich bin Optimistin!“