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Exot im Verkehr Exot im Verkehr: Reisen wie einst Erich Honecker

Von Ute Hartling-Lieblang 02.09.2007, 15:47

Salzfurtkapelle/MZ. - "Kein Scherz", bestätigt Geschäftsführer Wolfdietrich Vetter. Der Ikarus, Baujahr 1982, ist einer von ursprünglich acht Fahrzeugen, mit denen das Zentralkomitee der SED zu Protokollfahrten durch die DDR oder zu den berühmt-berüchtigten Staatsjagden ausfuhr. Das Innenleben des ZK-Gefährts unterschied sich wesentlich von jenen Fahrzeugen, die im Linienverkehr über desolate Dorfstraßen holperten.

Der Protokollbus ist nicht nur mit einer Klimaanlage ausgestattet, er verfügt auch über Videotechnik. Zwei Monitore, rechts und links hinter der Fahrekabine angebracht, sind von jedem der 16 Plätze gut einzusehen. Hatten die Herren des Zentralkomitees in den rotgepolsterten Drehsesseln mit Blick auf den Mittelgang Platz genommen, war dies das Zeichen für den Fahrer, die Videotechnik, verbunden mit einer Außenkamera, einzuschalten. Den Insassen entging somit nichts von dem, was sich während der Fahrt abspielte. "Der vierte Drehsessel rechts, in Fahrtrichtung gesehen, war für Honecker reserviert", weiß Vetter. An seiner Armlehne befindet sich sogar noch das Thermometer, von dem der ehemalige ZK-Generalsekreter die aktuelle Temperatur ablas.

Im hinteren Teil des Busses, wo eine Toilette und eine Küche eingerichtet sind, befanden sich Plätze für Dolmetscherin und Sicherheitsbeamte. Dort waren auch zwei Maschinenpistolen griffbereit. Der Bus war nach der Wende unter anderem in Berlin und Dresden unterwegs. Vetter, ein Liebhaber von Oldi-Bussen, kaufte das Fahrzeug über ein Mercedes-Werkstatt. Der Protokollbus ist eine Rarität, es soll nur noch zwei Exemplare davon geben. "Der ist noch prima in Schuss", lobt Vetter. "Der Bus ist nur 15 000 Kilometer im Jahr gefahren worden". Meist sei er für Regierungsbesuche benutzt worden. Verbrieft sei, dass Staatsgäste wie Fidel Castro, Michael Gorbatschow und Jassir Arafat in dem Ikarus gesessen haben.

Und wer nutzt ihn heute? "Wir haben ihn schon an Vereine und Hochzeitsgesellschaften vermietet", erzählt Vetter. Künftig wolle man mit dem roten Ikarus auch auf Touristikmessen präsent sein.