Erinnerungen an Hochwasser Erinnerungen an Hochwasser: «Es geht immer irgendwie weiter»
Mehringen/MZ. - Über acht Jahre istdas jetzt her. "Als wir die Bilder aus Dessau,Wittenberg oder Bitterfeld im Fernsehen sahen,kam alles wieder hoch", sagt Heike Beier.Sie ist 54, Chefin und betreibt gemeinsammit ihrem Mann eine kleine Gaststätte an derKreisstraße in Mehringen (Landkreis Aschersleben-Staßfurt)- den "Break Point".
Im April 1994 standen der Pausen-Punkt unddas dahinter liegende Wohnhaus unter Wasser.Fotos aus dem Album: Wasser bis zum Fensterbrett,Wasser im Wirtschaftskeller, Wasser am Eingang.Blitzschnell und für die Beiers total überraschendwar die Wipper über die Ufer getreten. Flutkatastropheim Landkreis Aschersleben: Aus Flüsschen wieEine, Bode, Selke und Wipper wurden reißendeStröme. Auf 60 Millionen Mark schätzt LandratThomas Leimbach (CDU) die Schäden. "Wenn auchnicht vergleichbar mit der diesjährigen Flut,war das Ausmaß - regional begrenzt - damalsenorm."
Die Beiers wussten nicht wie ihnen geschah.Strom weg, Mauerwerk nass, Ware hinüber. "Eswar entsetzlich", sagt Georg Beier (63). Nachder Wende hatte sich der angestellte Elektrikermit seiner Frau - bis dahin Verkaufsstellenleiterin- einen Traum erfüllt: Selbstständig machen.Mit wenig Kapital, aber umso mehr Mut gingendie Beiers trotz ihres nicht mehr ganz jugendlichenAlters das Vorhaben an. Bis die Flut alleskaputtzumachen drohte. "Eine Hochwasserversicherung hattenwir nicht, dafür aber abzuzahlende Kredite",sagt Heike Beier. "Und dennoch", ergänzt ihrMann, "aufgeben kam nicht in Frage. Es gehtimmer irgendwie weiter - wenn man nur will."
Mut machen will das Ehepaar aus Mehringen- "all jenen, die in diesen Tagen nach derFlut an Elbe und Mulde dem Verzweifeln nahesind". Eine finanzielle Soforthilfe habe überden ersten Engpass hinweggeholfen. Georg Beier:"Ein paar Tage später wurden die Schäden begutachtet.Es hat dann zwar etwas gedauert, aber nacheinem halben Jahr hatten wir unser Geld. Nichtin voller Schadenshöhe, aber immerhin." Übertriebenbürokratisch sei es nicht zugegangen. "Prüfungmuss doch sein."
Leimbach: "14000 Menschen waren vom Hochwasserbetroffen. Viele hofften auf Hilfe. Das Landhat toll reagiert, kurzerhand Mittel im Haushaltumgeschichtet." Besonders ärgert ihn heute,so der Landrat, wenn "dieselben Ängste, wiees sie 1994 auch bei uns gegeben hat, unbeantwortetbleiben". Zum Beispiel zu ausgelaufenem Öl."Drei Monate nach der Flut waren erhöhte Ölkonzentrationennicht mehr nachweisbar." Leimbach weiß aberauch, dass der Weg zur Normalität beschwerlichist. "Etwa fünf Jahre haben wir gebraucht,um die Schäden an der Infrastruktur vollendszu beseitigen."
Auch der Vorratskeller der Beiers wird wohl"nie wieder richtig trocken", sagt die Chefin.Sie geht inzwischen locker mit dem Thema Hochwasserum. "Nur wenn sich eine dunkle Wand am Himmelzusammenbraut, bekommt man jedes Mal ein merkwürdigesGefühl."