Emma Bieling Emma Bieling: Rapunzel erobert die Insel
Halle/MZ/amo - Nein, ein großes Gesellschaftsbild entwirft dieser kleine, heitere Roman von Emma Bieling, die in Sachsen-Anhalt lebt, nicht. Aber das ist ganz offensichtlich auch nicht der Plan gewesen. „Rapunzel auf Rügen“, als Taschenbuch im Aufbau-Verlag erschienen, ist vielmehr das, was man ein Selbstfindungsbuch nennt, eine sympathische und recht frisch geschriebene Reisebeschreibung also - im übertragenen wie im wörtlichen Sinne. Und um die Liebe geht es natürlich auch.
Die Protagonistin des Buches ist eine junge Frau mit dem zeitgerechten Namen Jessica. Sie lebt in Berlin, will Schauspielerin werden und fällt neben ihrer Eigenart, in Fettnäpfchen zu treten und kleinere Katastrophen zu verursachen, vor allem durch ihr ultralanges Haar auf: Einen Meter und 25 Zentimeter ist es lang, dekorativ ohne Zweifel, aber eben auch eine Plage, wenn man an die Pflege denkt.
Rapunzel wird Jessica genannt, was nahe liegt und passend ist. Und zwar nicht allein wegen der Haarlänge. Rapunzel alias Jessica ist auch ein bisschen eingesponnen im Turm ihres Lebens. Dabei wäre ein Prinz nicht unwillkommen. Der liebste Mensch, den sie einstweilen nur hat, ist ihr Freund Richard. Und der ist schwul.
So ist das Tableau bereitet. Hinzu kommt ein Unfall, den Jessica mit ihrem Motorroller verursacht. Für den Schmerz des Opfers muss Jessica zahlen, hat aber kein Geld. Also unterbricht sie ihr Studium und knattert mit dem kleinen Roller an die Ostsee. Auf der schönen Insel Rügen übernimmt sie einen Saisonjob auf einem Kutter, dessen Crew auf Seebestattungen für gehobene Ansprüche spezialisiert ist. Dass es dabei zu Turbulenzen aller Art kommt, liegt in der Natur der Sache. Heiteres Büchlein.