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Eine "Oase" in der Stadt Eine "Oase" in der Stadt: Begegnungsstätte in Sangerhausen als Anlaufpunkt für alle

Von Beate Thomashausen 28.10.2019, 17:25
In der "Oase" gibt es auch Hilfe beim Lernen
In der "Oase" gibt es auch Hilfe beim Lernen Schumann

Sangerhausen - Hussein, Nur und Mehran haben sich zum Kartenspielen in der „Oase“ getroffen. „Uno“ ist angesagt. Die elfjährige Nur hilft ihrem fünfjährigen Bruder Hussein, der sich mit den Spielregeln noch nicht so gut auskennt. Während die Kinder spielen, übt Doreen Lehnertz mit der Mutter von Hossein und Nur. Sie muss die Hausaufgaben für den Deutschkurs erledigen, so wie auch ein paar andere syrische Frauen im Raum.

Für sie alle ist die „Oase“ der Anlaufpunkt. Das ist eine kleine gemütliche Begegnungsstätte mitten im Herzen von Sangerhausen. Seit 2014 stehen dort die Türen für alle Sangerhäuser offen, die miteinander in Kontakt kommen wollen. Flüchtlinge sollen sich dorthin eingeladen fühlen, wie alle anderen Menschen, die in Sangerhausen zuhause sind.

Cafe International in Halle war Vorbild für die Oase in Sangerhausen

Karoline Spröte, Doreen Lehnertz und Diana Wozny ließen sich für die „Oase“ vom halleschen Café „International“ inspirieren, das Treffpunkt vor allem für Studenten aus dem In- und Ausland ist. Dass sich in der „Oase“ die Menschen begegnen, miteinander ins Gespräch kommen, war und ist Anliegen der Organisatorinnen. „Andere gehen zweimal die Woche ins Fitnessstudio. Die ,Oase’ ist das, was mir Freude bereitet“, sagt Doreen Lehnertz. „Ich bin gern mit Menschen in Kontakt. Das hier ist sozusagen mein Fitnessstudio.“ Sie lacht, während sie das sagt und blickt voller Freude in die bunte Runde.

Stühle, Tische und eine Sitzecke laden in der „Oase“ zum Verweilen ein. Überall hat auch jemand Platz genommen. Tee und Kaffee stehen auf dem Tisch. In den kleinen Räumen herrscht Kindergewusel, während die Erwachsenen miteinander reden oder in Lehrbücher vertieft sind. Diana Neubert und Nilofar Mohammadin beispielsweise üben gemeinsam Deutsch, damit die Verständigung bald gut klappt. Damit sich alle Nationen gut verstehen, wird in der „Oase“ Deutsch gesprochen. Für Nur und Mehran ist das kein Problem. Die beiden sind Grundschüler und sprechen perfekt Deutsch. Und auch der fünfjährige Hussein hat längst einen leichten Sangerhäuser Dialekt.

"Oase" in Sangerhausen: Ausflüge sind beliebt

Hin und wieder besuchen auch Kinder aus den Schulen der beiden Lehrerinnen die „Oase“. Hier ist schließlich an jedem Tag von 14 bis 18 Uhr etwas los. Meistens wird gespielt, erzählt, Kaffee getrunken und gelernt. Hin und wieder sind aber auch mal Ausflüge drin - ins Theater nach Nordhausen oder Eisleben. Auch Zoobesuche sind beliebt bei den Kindern. Aber das ist nur selten möglich. Die „Oase“ bekommt keine Förderung mehr. „

Aber es gibt auch vieles, was man unternehmen kann, ohne dafür Geld auszugeben“, sagt Lehnertz. Einen Besuch des Kletterfelsens in Sangerhausen erwähnt sie da ebenso wie einen Abstecher ins benachbarte evangelische Jugendzentrum „The O’Door“. Eine ganze Reihe Kinder und Jugendlicher entstamme benachteiligten Familien, erklärt Karoline Spröte.

Sucht bestimmt das Leben in so mancher Familie auch in einer beschaulichen kleinen Stadt. „Wir haben wirklich schon sehr viel Schlimmes von den Kindern gehört. Sie erzählen uns dies immer ohne Scham“, berichtet Spröte bewegt. Beispielsweise sei es für viele Kinder einfach Normalität, dass am 20. eines Monats kein Essen mehr im Haus sei. „Dann stürmen sie nach der Schule gleich an den Kühlschrank. Und sind enttäuscht, wenn der leer ist“, sagt Spröte.

Zuwendung ist den Kindern in der Oase wichtiger als ein paar Kekse

Klar, ein paar Kekse und Knabbereien seien immer da. Vor allem aber bekommen die Kinder in der „Oase“ Zuwendung. „Wir machen die Schularbeiten gemeinsam, wir kuscheln und spielen, sind einfach da und haben Zeit für sie“, sagt Karoline Spröte, denn schon daran mangele es in manchen Elternhäusern. Das findet sie sehr traurig.

In der Zwischenzeit haben die meisten Kinder ihr Spiel nach draußen auf den Markt verlagert. Sie spielen Verstecken rund um die Jakobikirche. Und die Erwachsenen haben etwas mehr Ruhe zum Lernen und zum Formulareausfüllen. Lehnertz: „Wenn wir können, helfen wir auch bei so ganz alltäglichen Dingen. Das gehört doch ganz einfach dazu.“ (mz)