Ein Jahr nach dem Tornado in Micheln Ein Jahr nach dem Tornado in Micheln: Als der Himmel schwarz wurde
Micheln/MZ. - Ein Tornado zerstörte vor einem Jahr weite Teile der Orte Micheln und Trebbichau im Kreis Köthen. Zwei der Betroffenen erzählen von dem, was an jenem Tag im Juni 2004 geschah. Und davon, wie sie und andere Betroffene mit den Folgen fertig wurden.
Es ist nicht zu übersehen. Soll es auch nicht. Dafür hat Herbert Elß sein Elternhaus sonnenblumengelb angestrichen. Daran kommt keiner vorbei, ohne sich Zeit für ein Lächeln zu nehmen. Denn Herbert und Heidemarie Elß hatten es verlernt, zu lachen. Damals, in den Abendstunden des 23. Juni 2004 in Micheln. Damals, als die Naturgewalt nicht nur ihr Leben durcheinander wirbelte. Der Tornado kam, blieb etwa zwei Minuten und ging. Einfach so. So etwas hat das Haus seit seiner Erbauung 1860 noch nicht erlebt, da ist sich der Rentner ganz sicher.
"Der Himmel war schwarz", erinnert sich das Michelner Ehepaar. Das Surren ohrenbetäubend. "Wir aßen gerade Abendbrot und liefen spontan zur Tür, um sie zuzuhalten." Vier Hände zogen an einer Türklinke. Da war die Angst um die Familie und um das eigene Leben. Da war der Lärm und kurz darauf die Stille. Heidemarie Elß und ihr Mann öffneten langsam die Tür. "Was wir sahen, das waren Trümmer, das war wie Krieg."
Das Dach ihres Hauses, das noch wenige Tage vor dem Sturm neu gedeckt worden war, lag ihnen zu Füßen. Und die letzte Reise ihres "kleinen Flitzers" endete auf dem Schrottplatz. Denn das Auto wurde an jenem Junitag total zerstört. 14 Tage lang war der 65-jährige Herbert Elß nicht ansprechbar, stand unter Schock. Ehefrau Heidemarie sorgte sich. Sie fragte sich, ob er sich wieder erholen würde. Die Nächte ohne Schlaf blieben ungezählt.
Heute sagen sie: "Wir haben Glück gehabt." Glück, weil niemand zu Tode kam. Nicht in Micheln, nicht in Trebbichau. Glück, weil es so viele Menschen gab, die noch am gleichen Abend nach der Naturkatastrophe zupackten - und nicht auf die Uhr schauten. So wie sie es auch Tage später nicht taten. Irgendwie ist "alles gut gegangen".
Obwohl alles nicht so begann. Zumindest das mit dem Gutachter nicht, berichtet das Ehepaar. "Wir waren versichert", erzählen sie. "Mit der Versicherung, mit der gab es keine Probleme - im Gegenteil", betont die 63-Jährige Heidemarie Elß. Hingegen mit dem Gutachter. Einer, der immer wieder versucht habe, Geld einzusparen. So etwas reibt die Nerven zusätzlich auf, das haben sie erfahren.
Kurz vor Weihnachten 2004 war das Gröbste überstanden wie bei den meisten Anwohnern in Micheln und Trebbichau. Die Dörfer sind farbenfroher geworden. Und einen Farbtupfer setzte die Familie Elß. Bewusst hätten sie sich für das Gelb entschieden. Es fällt sofort ins Auge und soll all jenen, die den Ort besuchen, zeigen, dass man in Micheln nicht aufgibt. Tristes Grau, dafür hat das Ehepaar nichts mehr übrig. Denn "jetzt kommen wir wieder zur Ruhe", sagen die Michelner und lächeln. "Wir hoffen, dass so etwas nicht noch einmal passiert." Dennoch, der Wind bleibt allgegenwärtig.