Dow Olefinverbund Dow Olefinverbund: Groot geht nach fast zehn Jahren in Schkopau in Ruhestand
Schkopau/MZ. - Die letzten Arbeitstage von Bart Groot haben etwas Symbolhaftes. Der viel in der Welt herumgekommene Chef des Dow Olefinverbundes verbringt sie in Mexiko. Der Kosmopolit, der in Brasilien, Frankreich und seiner holländischen Heimat für den US-Konzern tätig war, wird vor amerikanischen Business-Professoren über den Umbruch am ostdeutschen Dow-Standort referieren.
Ein Thema, das dem 60-Jährigen wie auf den Leib geschnitten ist. Auch wenn er in seiner bescheidenen Art sagen wird, er habe "nur ein wenig organisiert und aufgepasst" - der aufwendige Umbau des Chemiekomplexes mit Anlagen in Schkopau, Böhlen und Leuna trägt seine Handschrift.
Groot war im September 1994 von Dow in das mitteldeutsche Chemierevier geschickt worden. Um zu sondieren, ob sich die Amerikaner in das Abenteuer "East-Germany" einzulassen könnten. Die Bestandsaufnahme, die er nach Midland in die Konzernzentrale meldete, sei "abstrakt und ohne Emotionalität" gewesen, erinnert sich der "Späher". "Es war vielleicht Glückssache, dass ich das äußere Erscheinungsbild ausgeklammert habe", sinniert der trotz seiner grauen Haare sportlich-vital wirkende Chemiefachmann. Statt maroder Anlagen und verseuchter Werksflächen stellte er die Kompetenz der Menschen, das fachliche Potenzial und die Chancen des Standortes mit Blick auf Osteuropa heraus. Offenbar so visionär, dass sich die Dow-Führung entschloss, den Verbund, der bei der Treuhand fast schon zum Ladenhüter zu werden drohte, zu übernehmen und für insgesamt 2,5 Milliarden Euro zu modernisieren.
Das Bewundernswerteste beim radikalen Strukturwandel des Chemiekomplexes, in dem 15 Anlagen neu gebaut oder saniert wurden, bleibt für den scheidenden Manager die Leistung der Menschen. Die Sprache, völlig andere Technologien, ungewohnte Organisationsformen seien "eine enorme Herausforderung" gewesen.
Heute beherrsche jeder dritte Mitarbeiter die "Konzernsprache" so gut, dass er eine Präsentation auf Englisch darbieten kann, lobt der angehende Pensionär. Vor allem aber hätten die Beschäftigten gelernt, sich einzubringen. "Wer nicht selbst gestaltet, wird gestaltet", lautet eine der Maximen, die Groot in seiner 34-jährigen Tätigkeit beim Global Player verinnerlicht hat. Die lockere Art, in der er es verstanden habe, komplizierte Dinge rüberzubringen, hat Pressesprecherin Astrid Molder besonders gemocht. Und - dass er, der vor Ideen gesprüht habe, nicht nur offen für Vorschläge anderer gewesen sei, sondern sie herausgefordert habe.
Besonders auch für die Initiative Regionenmarketing, die ihm am Herzen liegt. "Weil ein erfolgreiches Unternehmen ein gedeihliches Umfeld braucht." Mitteldeutschland sei in aller Munde. "Zahlreiche Unternehmen und Vereine führen den Begriff in ihrem Namen", sagt Groot. Länderübergreifend gesehen, schleppe sich der Name bislang aber nur mühsam voran, beklagt der Holländer und schreibt vor allem den Landesregierungen ins Stammbuch, Lippenbekenntnissen Taten folgen zu lassen.
Als Aufsichtsratsvorsitzender des Regionenmarketing wolle er sich auch von Holland aus weiterhin einbringen. Ansonsten hofft Groot, im holländischen 900-Seelen-Dorf Groede, wohin er umzieht, endlich Zeit für die noch ungelesenen Bücher in seiner Bibliothek zu finden. "An der nötigen Ruhe wird es wohl nicht fehlen", glaubt er, hat aber jetzt schon Bedenken, ob er dort an den langen Winterabenden nicht die Kulturszene der Stadt Leipzig, seiner "zweiten Heimat", nicht sehr vermissen wird.