1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Die Nachterstedter Kippenrutschung von 1959

Die Nachterstedter Kippenrutschung von 1959

23.07.2009, 11:45

Nachterstedt/ddp. - Nach dem Erdrutsch in Nachterstedt inSachsen-Anhalt laufen die Untersuchungen zur Ursache auf Hochtouren.Am vergangenen Samstag war am Rande des Concordia Sees ein rund 50000 Quadratmeter großes Uferareal weggebrochen. Die Suche nach dendrei Vermissten wurde eingestellt. Das Gebiet war vor etwa 120 Jahrenaufgeschüttet worden, die Häuser dort ab 1936 errichtet. Bereits Endeder 50er Jahre hatte es in Nachterstedt ein schweres Unglück gegeben.

Am Morgen des 2. Februar 1959 kam es im Tagebau des Ortes zu einergewaltigen Kippenrutschung. Dabei geriet das aus mehrerenKippscheiben aufgebaute 86 Meter hohe Innenkippensystem an einerBöschung auf 500 Meter Breite in Bewegung. Anzeichen wieRissbildungen oder Setzungen hatte es vorher offenbar nicht gegeben.5,8 Millionen Kubikmeter Kippenabraum begruben in sechs Minuten einenBergmann sowie zwei Absatzbagger und einen Zug unter sich.

Das Unglück wurde durch sogenanntes Setzungsfließen verursacht.Ansteigendes Grundwasser hatte dazu geführt, dass die lockergelagerten, gleichförmigen, sandigen Kippen auf dem schrägenBöschungshang ihren Halt verloren und abrutschten. Laut der Lausitzerund Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV), die heutefür die Flutung des Concordia Sees zuständig ist, kann die spontaneVerflüssigung durch kleinste Erschütterung ausgelöst werden.

Das Setzungsfließen als typische Lausitzer Rutschungsartentwickelt sich ausgehend vom Ufersaum mit hoher Geschwindigkeitrückwärts, läuft in wenigen Minuten ab und erfasst oftmals mehrerehundert Meter des angrenzenden Hinterlandes. Der Fuß der Rutschmassenhatte sich 1959 etwa einen Kilometer in den offenen Tagebauhineingeschoben. Das Ausbruchsgebiet erstreckte sich über eine Flächevon mehr als 16 Hektar.

Die Kohleförderung in dem Tagebau war durch das Unglück fürlängere Zeit unterbrochen. Die Kippenrutschung soll damals einenSchaden von rund zwölf Millionen Mark verursacht haben. 1991 wurdeder Abbau eingestellt und in den Jahren danach mit der Flutung desTagebaulochs begonnen.