Die dunkle Seite des Glücksspiels Die dunkle Seite des Glücksspiels: Immer mehr Spielsüchtige in Sachsen-Anhalt suchen Hilfe

Magdeburg - In Sachsen-Anhalt ist die Zahl der Glücksspielsüchtigen, die ihr Geld in Automaten werfen und Hilfe in einer der drei Beratungsstellen suchen, im Jahr 2014 um 25 Prozent angestiegen. Wurden 2013 noch 144 Betroffene betreut, waren es im vergangenen Jahr bereits 181, sagte die Leiterin der Landeskoordinationsstelle Glücksspielsucht, Sandra Rust, der MZ. Aufgrund der steigenden Zahlen hat die SPD im Landtag angekündigt, die Öffnungszeiten von Spielhallen wieder einschränken und eine landesweite Sperrdatenbank von Spielsüchtigen einrichten zu wollen.
Etwa 22 000 Betroffene in Sachsen-Anhalt
Bei den in den Beratungsstellen betreuten Personen handelt es sich nur um einen Bruchteil der tatsächlich vom Automatenglücksspiel abhängigen Menschen. Laut einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sind 1,5 Prozent der Bevölkerung zwischen 16 und 65 Jahren stark oder pathologisch glücksspielsüchtig - das wären in Sachsen-Anhalt etwa 22 000 Betroffene.
Experte rechnet mit Anstieg
Rust rechnet mit einem weiteren deutlichen Anstieg. „Das liegt an der steigenden Verfügbarkeit des Automatenspiels“, erklärt die Sozialwissenschaftlerin. So habe die Automatenbranche vor der Änderung des Glücksspielstaatsvertrages vor drei Jahren, der das Automatenspiel stärker reglementieren soll, „sehr, sehr viele Konzessionen neu beantragt“, so Rust. Gab es im Jahr 2006 noch weniger als 2 000 Geräte, lag die Zahl im vergangenen Jahr bereits bei mehr als 2 500. Auswirkungen auf die Zahl der Spielsüchtigen stellten sich zeitlich verzögert ein, so Rust: „Es dauert fünf bis zehn Jahre, bevor sich Betroffene professionelle Hilfe suchen.“ Daher dürfte sich die Situation weiter verschärfen, wenn die im Januar vom Landes-Wirtschaftsministerium eingeführte Sperrzeitenverordnung Bestand hat. Danach müssen Spielhallen nicht mehr neun, sondern nur noch drei Stunden am Tag schließen. Wirtschaftsminister Hartmut Möllring (CDU) hatte die Regelung als angemessen bezeichnet. Sozialverbände, Betroffene und deren Angehörige hatten ihm vorgeworfen, der Automatenlobby nachgegeben zu haben.
Sperrzeiten sollen ausgedehnt werden
Nach Gesprächen mit Betroffenen „wollen wir auf alle Fälle die Sperrzeitenverordnung wieder rückgängig machen“, kündigte SPD-Fraktionsvize Rüdiger Erben an. Zudem sollen die Sperrzeiten für das Automatenglücksspiel auch auf Gaststätten ausgedehnt werden - dort gibt es bislang keine Einschränkung. Zudem plane man die Einführung einer zentralen, landesweiten Sperrdatenbank für Spielsüchtige. In Sachsen-Anhalt müssen sich Betroffene bislang in jeder einzelnen Spielhalle registrieren lassen.
„Allein in Magdeburg müsste dann ein Spielsüchtiger mindestens 42 Mal einen solchen Antrag ausstellen, denn so viele Spielhallen gibt es in der Stadt“, sagte Landeskoordinatorin Rust. Dies sei kaum praktikabel. Eine zentrale Datenbank könnte dies ändern. (mz)