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Denkmalschutz Denkmalschutz: 33 Quadratmeter großes Kunstwerk geht auf Reisen

Von Andreas Müller 05.02.2009, 19:34
Der Restaurator Marcel Busse arbeitet in einem altem Fachwerkhaus in Havelberg an einer fast 300 Jahre alten Stuckdecke mit einer vergoldeten britischen Krone. (FOTO: DPA)
Der Restaurator Marcel Busse arbeitet in einem altem Fachwerkhaus in Havelberg an einer fast 300 Jahre alten Stuckdecke mit einer vergoldeten britischen Krone. (FOTO: DPA) dpa-Zentralbild

Havelberg/dpa. - Im Licht eines Strahlers arbeitet er sich auf dem BaugerüstMillimeter für Millimeter voran. Wie winzige Splitter einerBrötchenkruste fallen Teile der uralten Anstriche ab, die derFachmann zuvor mit Heißluft und Chemikalien gelöst hat. Zusammen mitseinem Vater Manfred bereitet der Restaurator aus Querfurt ein 33 Quadratmeter großes Kunstwerk auf den Umzug vor, dessen Blickfangeine vergoldete britische Krone ist. Fast 300 Jahre lang zierte dieStuckdecke diesen Raum, dessen Geschichte sich die Havelberger gernerzählen. Weil das Gebäude äußerst marode ist, soll das Meisterstückaus dem 18. Jahrhundert nun gerettet werden und in den HavelbergerDom wechseln.

Der Heimatforscher und Autor Wolfgang Masur schaut den beidenRestauratoren fasziniert zu. Er erzählt, dass in dem Raum zu DDR-Zeiten Bücher ausgeliehen wurden. Über der Tapete deutet bis heuteein Schild mit der Aufschrift «Politische Ökonomie» darauf hin. Dagab es sozialistische Fachliteratur unter dem Zeichen der britischenKrone. Denn das vergoldete Ornament inmitten der weiß getünchtenDecke soll tatsächlich britischen Ursprungs sein.

Wolfgang Masur berichtet von einem englischen Gesandten, der 1716in Havelberg unterwegs war und mit seiner Kutsche verunglückte.Schwer verletzt konnte er die Domstadt lange nicht verlassen. «Um ihmden Aufenthalt zu versüßen, hat die Krone die Renovierung desgesamten Gasthauses bezahlt», berichtet der Heimatforscher. So seidas Zimmer des Gesandten zu der Stuckdecke gekommen. Und direkt überdem Tisch in der Ecke habe man die blattvergoldete Krone angebracht.«Ob das zur Genesung beigetragen hat, ist nicht bekannt», witzeltMasur. Aber «Gasthof zur Goldenen Krone» war damit getauft.

«Nun müssen wir bis zu 20 Farbschichten entfernen, um denkunstvoll gearbeiteten Ranken, Blüten und Acanthusblättern wieder zuihrer Schönheit zu verhelfen», sagt der 34-jährige Restaurator Busse.An einigen Stellen sind schon filigrane Konturen zu erkennen, deutenauf ein Werk im Stil des Spätbarocks hin. Selbst die zarten Rippender Blätter treten wieder hervor, wo die Busses die Anstriche ausdrei Jahrhunderten bereits abgeschält haben. Damit wird auch dieKonstruktion der Stuckdecke sichtbar. Im nächsten Schritt wollen dieRestauratoren dann das gesamte Zierwerk in Segmenten ablösen und ineinem öffentlich genutzten Seitenflügel des Havelberger Doms wiedermontieren.

Bauamtsleiterin Petra Jonschkowski ist froh, dass die berühmteStuckdecke dort jedermann zugänglich gemacht werden wird. «Wir werdendie Krone vor dem Untergang retten», ist sich dieRathausmitarbeiterin sicher. «90 000 Euro an Fördergeldern aus demDenkmalschutzprogramm des Landes stehen bereit, und auch die Stadtund der Eigentümer des Hauses helfen mit.» 2015 werde sich Havelbergan der Bundesgartenschau beteiligen, blickt Jonschkowski voraus. «DieBlumen der britischen Stuckdecke werden die Pracht auf ihre Weisebereichern.»

Restaurator Marcel Busse sieht sich vor einer der größtenHerausforderungen seiner Laufbahn. «Die Aufarbeitung einer Stuckdeckeist für unser Familienunternehmen Routine», sagt er. «Aber diebritische Krone zu demontieren und an anderer Stelle sorgsam wiederaufzubauen, das wird uns einige Monate fordern.»