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Denkmalenthüllung Denkmalenthüllung: Vorgefecht an der Kliebe

Von Wolfgang Reinhold 29.09.2013, 14:37
Volker Thurm vor dem enthüllten Denkmal zu Ehren der Gefallenen im Gefecht an der Kliebe.
Volker Thurm vor dem enthüllten Denkmal zu Ehren der Gefallenen im Gefecht an der Kliebe. Wolfgang Reinhold Lizenz

Zettweil/MZ - Der 28. September anno 1813 soll im Zeitz-Altenburger Land ein angenehmer und trockener Herbsttag gewesen sein. Die Bauern um Würchwitz, Zettweil und Kayna brachten die Kartoffelernte ein. Plötzlich gerieten sie zwischen Kampflinien, ließen die Kartoffeln Kartoffeln sein und nahmen flugs die Füße in die Hand. Johann Adolf Freiherr von Thielmann, russischer General in Diensten der Verbündeten, führte ein Freikorps heran und störte die Nachschublinie der Franzosen. Nahe der „Kliebe“ bei Zettweil/Kayna entbrannte in der elften Stunde in Richtung Spora ein Reitergefecht, in dem Thielmanns Korps vereint mit russischen Kosaken gegen im Schnaudertal lagernde Napoleonische Kürassiere fochten.

Ortschronist recherchiert

Dieses im Vorfeld der Völkerschlacht bei Leipzig stattgefundene Reitergefecht, in dem unter Führung Thielmanns Eskadronen der französischen Besatzer geschlagen wurden, rückte am Samstag in den Fokus des Bewusstseins. Kaynas Ortschronist Volker Thurm, der diesen regionalen Bruchteil der Geschehnisse um die Leipziger Völkerschlacht recherchiert und aufgearbeitet hat, enthüllte nahe Zettweil anlässlich 200 Jahre Reitergefecht an der Kliebe einen Gedenkstein. Über 50 Geschichtsinteressierte aus Zeitz, Altenburg und Umgebung wohnen dem festlichen Ereignis bei, darunter auch der Militärhistoriker Frank Bauer (Altenburg), der am 10. Oktober im Zeitzer Museum Schloss Moritzburg einen öffentlichen Vortrag über die Befreiungsschlachten 1813 im Zeitz-Altenburger Gebiet hält.

Gesangverein umrahmt musikalisch

Herzlich von Volker Thurm begrüßt, machte dieser am Denkmal-Standort die zahlreichen Zuhörer mit Gefechtsgeschehnissen vor genau 200 Jahren bekannt. Tags darauf beging der Ortschronist mit weiteren Interessenten gemeinsam mit Traditionsvereinen - in historischer Anzugsordnung und Bewaffnung - aus Leipzig und Pegau das damalige Schlachtfeld und erläuterte Gefechtsdetails. Zurück zum Festakt: Die Musikmaschine, die von den Trommlern Burkhard Klotz und Jürgen Merkel aus Kayna in preußischer Kluft mit Pickelhelm bedient wurde und eigentlich Militärmusik liefern sollte, versagte zunächst wegen technischen Defekts. Dafür klappte es mit dem Kaynaer Männergesangverein „Harmonie“, der unter Leitung von Peter Czok deutsches Liedgut schmetterte. Thurm ließ wissen, dass mündliche Überlieferungen über das Gefechtsspektakel, von Generation zu Generation weitererzählt, wichtiger Punkt seiner jahrelangen Forschungen war, deren Ergebnis nun als druckfrische Heimatbroschüre „Das Reitergefecht an der Kliebe“ vorliegt.

Aus der Broschüre „Das Reitergefecht an der Kliebe“: „Die Erfolge des Thielmannschen Korps erregten Napoleons größten Unwillen. Er erkannte besonders den moralischen Eindruck der Siege und ergriff energische Maßnahmen. Deshalb sandte er den Divisionsgeneral Lefebvre-Desnouttes mit 7 000 Pferden, größtenteils Gardekavallerie, zwei Bataillone Infanterie und drei reitende Batterien (Artillerie) gegen den viel schwächeren Thielmann, der sich zurückzog und am 24. September durch Meuselwitz kam.“

Thurm enthüllte unter dem Beifall der Gäste den Mahn- und Gedenkstein und betonte: „Er soll an die vielen Gefallenen erinnern sowie ein Zeichen gegen Krieg und für Friedenserziehung setzen.“ Sein Dank galt allen Sponsoren und Helfern, welche den Gedenkstein ermöglichten. Er ist aus Granit gefertigt und künstlerisch mit Inschrift und mit nach oben gekreuzten Schwertern von Bildhauer Christian Späte (Kayna/Meuselwitz) gestaltet. Zweimaliger Kanonendonner umrahmt die Feierstunde. Der Schützenverein Kayna salutierte und zeigte akustisch Flagge. Kameraden der Ortswehr Zettweil sorgen im Anschluss für die Bewirtung der Gäste und die zwei „Pickelhelme“ noch für flotte Märsche aus der Musikmaschine.

Die Zuschauer, darunter auch Mitakteur Hermann Heiner, stellvertretender Vorsitzender des Heimatvereins Kayna, und der Würchwitzer Ortsbürgermeister Klaus Rübestahl, zeigten sich von dem Festakt beeindruckt. „Für unseren Chor war es Ehrensache, diesen musikalisch mit das Heimatgefühl ansprechenden Liedern zu begleiten“, brachte es Peter Czok auf den Punkt. Der promovierte Militärhistoriker Frank Bauer, Verfasser von über 45 wissenschaftlich fundierten Befreiungskrieg-Dokumentationen, schätzte Thurms jüngste Broschüre - ab sofort erhältlich in der Zeitzer Stadtinformation - als „gut“ ein. „Allerdings verlässt er sich zu sehr auf die sogenannten Augenzeugen. Solche Berichte sind immer mit etwas Vorsicht zu genießen. Als Historiker verlasse ich mich auf fundiertere Quellen“, so Bauer.

Burkhard Klotz und Jürgen Merkel sorgen für Musik.
Burkhard Klotz und Jürgen Merkel sorgen für Musik.
Wolfgang Reinhold Lizenz