DDR-Museen DDR-Museen: Zwischen Fahnen und Kalaschnikow - "Honniland" zeigt DDR-Alltag

Chemnitz - Der Trabi vor der Tür weist den Weg in die Vergangenheit. Rund ein Vierteljahrhundert nach der Wiedervereinigung weckt die Chemnitzerin Heidi Dentler in einem grauen Altbau aus der Vorkriegszeit Erinnerungen an das Leben in der DDR. Auf der Fläche zweier Wohnungen im Erdgeschoss hat die 51-Jährige in ihrem jüngst eröffneten „Honniland“ mehr oder weniger alltägliche Gegenstände aus dem Leben in der DDR ausgebreitet. An jedem ersten Freitag im Monat ist Ostparty - mit Grill und Musik von alten Amiga-Schallplatten.
Viele Exponate können in die Hand genommen oder benutzt werden: Bücher, Geschirr, eine Kaffeemaschine oder der Plattenspieler. Zwischen typischer DDR-Schrankwand, tief-braun und glänzend, und grau-blauen Küchenmöbeln türmen sich Bügeleisen, Küchenuhren, Schreibmaschinen, alte DDR-Ausweise, Plattenspieler, Tonband, Radio- und Fernsehgeräte, Spielzeugpuppen, Aschenbecher, Streichhölzer, Handtücher und Bettwäsche - noch originalverpackt - alles „Made in GDR“.
Der eigene einstige Hausstand war laut Dentler der Grundstock der Sammlung. „Während der DDR-Zeit wurde kaum etwas weggeworfen. Niemand wusste, ob er die Dinge noch einmal brauchen würde.“ Nach der Wende wurde weiter gesammelt, Kisten füllten den Dachboden. Als die Familie vor drei Jahren nach Chemnitz zog, richtete sie die Erdgeschosswohnungen im DDR-Stil her; mit grauen Kunststoff-Armaturen im Bad, Elektroboiler in der Küche. Kürzlich war Eröffnung.
Auf der Werkbank liegt DDR-Werkzeug, davor ein „Trabant“-Motor. Schaufensterpuppen tragen Uniformen von Armee, Polizei, Staatssicherheit, Kampfgruppe, Zivilverteidigung oder einen Kampfanzug für chemisch oder nuklear verseuchte Gebiete. Einen Spind mit Soldatengepäck und NVA-Stahlhelm gibt es, auf dem Hocker lehnt eine Kalaschnikow, das berühmte Sturmgewehr AK47 aus sowjetischer Produktion. Fast alles funktioniere noch, sagt Dentler. Die Kalaschnikow natürlich nicht.
An der Wand hängen DDR-Fahnen und das Bild Erich Honeckers, dem einstigen Staatschef und Namensgeber der Ausstellung. „Erich Honecker empfängt Oberkommando der Vereinten Streitkräfte“, verkündet ein „Neues Deutschland“ älteren Datums auf dem Tisch, „Johannes Paul I. dankt für Grüße zu seiner Wahl“, „Schahanschah von Iran besucht die DDR“.
Auf der nächsten Seite: Kritik an Ostalgie und eine "Erika"-Schreibmaschine für Tom Hanks.
Renate und Peter Wilde aus Stralsund (Mecklenburg-Vorpommern) hatten im Urlaub von der neuen Ausstellung gehört. Schüchtern stöbern sie in den Sachen. „Da werden Erinnerungen wach“, sagt Peter Wilde und lächelt. Mehrere hundert Menschen haben laut Dentler in den ersten Tagen nach der Eröffnung ihr Refugium besucht.
Viele sehen die „Ostalgie“ kritisch, doch die DDR-Museen erfreuen sich noch immer großer Beliebtheit. Es gibt einige von ihnen - zwei solche Museen konkurrieren etwa in Berlin um Besucher. Dort gehen zudem auch viele Touristen auf „Trabi-Safari“.
Im „Zeitreise“-Museum in Radebeul werden jährlich rund 60 000 Gäste gezählt. „Im Sommer kommen die Touristen, viele aus Westdeutschland, auch Reisegruppen. Oder Opa und Oma zeigen ihren Enkeln, wie sie gelebt haben“, sagt Museumschef Hans Joachim Stephan. Hollywoodstar Tom Hanks schaute sich 2011 am Rande von Dreharbeiten um. Der leidenschaftliche Sammler von Schreibmaschinen verliebte sich prompt in ein dort ausgestelltes Modell Dresdner Produktion der Marke „Erika“. Damals wurde dann öffentlich mit Erfolg nach einem weiteren Exemplar für den Schauspieler gefahndet.
Auch das DDR-Museum in Gelenau bei Chemnitz in einer ehemaligen Kirche kann über Besuchermangel nicht klagen. Wenn am Wochenende geöffnet sei, kämen an manchen Tagen bis zu 400 Menschen, sagt Museumschefin Andrea Müller. Viele Schulklassen seien darunter, aber auch weit gereiste Gäste aus den Niederlanden, Kanada oder gar Singapur. Glanzlicht der Ausstellung ist ein DDR-Tante-Emma-Laden.
Die gelernte Krankenschwester Heidi Dentler hat für „Honniland“ ihren Beruf an den Nagel gehängt. „Ich lebe jetzt für meinen Traum. Und das hier ist einer“, sagt sie. Ein besonderes Verhältnis zur untergegangenen DDR habe sie nicht. „Ich bin damals zurechtgekommen. Ich komme jetzt zurecht. Ich musste immer arbeiten. Wir haben Kinder großgezogen.“ Über Politik habe sie sich keine Gedanken gemacht. Die Menschen sollen kommen und sich in DDR-Ambiente wohlfühlen.