DDR-Intelligenzrente DDR-Intelligenzrente: «Kriterium ist griffig, aber nicht gerecht»
HALLE/MZ. - Die Überführung der so genannten Sonderversorgungssysteme aus dem DDR-Rentenrecht in das Rentensystem der Bundesrepublik sorgt bei Betroffenen für sehr viel Unmut. Kommt dieser bei dem Abgeordneten Bergner an?
Bergner: Das Thema Rente spielt unter den Bürgeranliegen, die bei mir ankommen, eine beachtliche Rolle. Dabei geht es weniger um die Fragen der Rentenangleichung Ost-West als vielmehr um problematische Rentenunterschiede zwischen Ostrentnern und Ostrentnern. Diese Ungerechtigkeiten Ost-Ost sind vor allem im Bereich der Sonderversorgungssysteme zu finden. Ich kann zum Beispiel nicht plausibel erklären, warum einem Ingenieur unter bestimmten Voraussetzungen eine Zusatzversorgung gewährt wird, einem Diplom-Chemiker unter den gleichen Voraussetzungen aber nicht.
Wie bewerten Sie vor diesem Hintergrund das jüngste Urteil des Landessozialgerichtes?
Bergner: Mit dem Urteil habe ich so meine Schwierigkeiten. Von der Tendenz her schränkt es den Kreis derjenigen, die Anspruch auf eine Sonderversorgung haben, ein. Das steht im Widerspruch zu den Erwartungen vieler betroffener Rentner aber auch im Widerspruch zu manchen Versprechungen der Politik. Aus meiner Sicht ging es den Richtern vor allem darum, endlich ein greifbares Kriterium der Abgrenzung zwischen Berechtigten und Nichtberechtigten zu entwickeln. Dieses Bedürfnis ist verständlich, denn die bisherigen Abgrenzungen sind oft nicht recht verständlich. Das greifbarste Kriterium ist eine Urkunde, die den Versorgungsanspruch verbrieft. Das ist zwar ein griffiges Kriterium, aber nicht das gerechteste.
Warum?
Bergner: Wer die DDR-Wirklichkeit erlebt hat weiß, dass bei der Vergabe entsprechender Urkunden jede Menge Willkür und Zufall eine Rolle gespielt haben. Es gibt nun zwar ein rechtsverbindliches Kriterium, aber damit Einzelfallgerechtigkeit herzustellen, halte ich für fast unmöglich.
Gibt es einen Ausweg?
Bergner: Das Dilemma ist, dass wir auf rechtlichen Grundlagen aufbauen, die zu DDR-Zeiten geschaffen wurden. Die Bemessung der Rentenhöhe trug damals stark den Charakter eines staatlichen Gnadenaktes. Die gesamte Rentengewährung war nicht davon geprägt, dass man einklagbare Rentenansprüche eines Versorgungsempfängers definiert hat. Zuwendungen wurden im Schatten von SED-Parteitagsbeschlüssen festgelegt. Und entsprechend unscharf sind alle diese Regelungen, auf die sich heute ordentliche Sozialgerichte berufen. Meiner Meinung nach ist der Bundesgesetzgeber aufgefordert, hier noch einmal einen grundsätzlich anderen Ansatzpunkt zu finden. Mit jedem Jahr, in dem diese Rechtssprechung fortgeschrieben wird, wird das schwieriger.
Können Sie den Betroffenen Hoffnung machen?
Bergner: Ich teile die Kritik an der gegenwärtigen Situation. Aber um der Ehrlichkeit willen kann ich keiner der betroffenen Gruppen Versprechungen machen. Ich habe die Mühsal dieser Diskussion erlebt. Im Bundestag ist es sehr schwierig, Verständnis für diese Spezialfälle, die ja nur in den ostdeutschen Wahlkreisen auftreten, zu wecken.