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DDR-Erbe DDR-Erbe: Durch frühere Luftverschmutzung viele Lungenkranke

06.06.2006, 08:29

Leipzig/dpa. - Rund 35 000 Menschen leiden noch heute - wo die Luft wieder sauber ist - an der unheilbaren und oft tödlichen Krankheit COPD, im Volksmund Raucherhusten genannt. Auch in der bundesweiten Statistik nimmt Leipzig mit Umland einen traurigen Platz in der Spitzengruppe ein.

In Deutschland gibt es Schätzungen zufolge zwischen drei und fünfMillionen Menschen mit schwerem Raucherhusten. Die Krankheit ist nachAngaben der Krankenkasse DAK auf dem Vormarsch. «COPD entwickelt sichzur Volkskrankheit», heißt es in einem Bericht.

Der Begriff «Raucherhusten» weist zwar auf die Hauptursache fürdas Leiden hin. Lungenspezialisten gehen aber davon aus, dass inLeipzig der Dreck in der Luft die Situation noch verschärft hat.Durch die Verbrennung von Braunkohle kam es vor allem in den 70er und80er Jahren in der Industrieregion zu einer besonders hohenVerschmutzung durch Schwefeldioxid, Staub und Asche.

«Leipzig war die Großstadt mit der schlechtesten Luft», sagtUlrich Frank vom Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle. «ImChemiedreieck Leipzig-Halle-Bitterfeld wurden die Kraftwerke mitschlechter Kohle geheizt und die Filter auch abgeschaltet.» Alsbesonders drastisches Beispiel für die Umweltzerstörung galt auch dernahe gelegene Ort Espenhain mit seinem Braunkohlekraftwerk. «Bewohnerhaben berichtet, dass sie damals zum Teil die Sonne nicht mehrgesehen haben», sagte Professor Dr. Adrian Gillissen von der Robert-Koch-Klinik in Leipzig. Autofahrer mussten mitunter selbst tagsüberdas Licht einschalten.

Noch Jahrzehnte später schlagen die Umweltsünden auf dieKrankmeldungen durch. Die DAK hat errechnet, dass die Zahl derFehltage wegen Atemwegserkrankungen in Leipzig um sieben Prozent überdem sächsischen Durchschnitt liegt. Noch drastischer ist dieSituation bei den schwer Lungenkranken, die mehr als zehn Tagestationär beatmet werden mussten: Hier war im ersten Halbjahr 2005die Zahl der DAK-Patienten in Leipzig um 60 Prozent höher als etwa inDresden.

Die DAK hat deshalb zusammen mit der Robert-Koch-Klinik undniedergelassenen Ärzten das auf ein Jahr ausgelegte Therapieprojekt«Luft zum Atmen» entwickelt. Die Lebenserwartung der Patienten solldamit verlängert werden. «Wir wollen Lungenkranke besser betreuen,damit die akuten Notfälle weniger werden», sagt Gillissen. ZumProgramm, das Anfang 2007 ausläuft, gehören Lungensport,Atemtherapie, Entspannungsübungen und Ernährungstipps. Die Patientensind im Durchschnitt zwischen 60 und 65 Jahre alt, zwei Drittel sindMänner.