CDU in Sachsen-Anhalt CDU in Sachsen-Anhalt: Das Aus für Erbhöfe

Magdeburg/MZ - Die Landes-CDU steht vor einem Umbruch beim überregionalen Spitzenpersonal. Der hallesche Bundestagsabgeordnete Christoph Bergner (64) und der Harzer Europaabgeordnete Horst Schnellhardt (66) müssen um den Wiedereinzug in die beiden Parlamente fürchten. Dem Duo droht beim Parteitag am Sonnabend in Möckern die Herabstufung bei der Aufstellung der Wahllisten. Bei den letzten Wahlen standen die beiden als Platzhirsche unumstritten auf den ersten Listenplätzen. Der Landesvorstand schlägt Bergner nun nur für den zweiten und Schnellhardt sogar nur für den vierten Platz der jeweiligen Liste vor.
Statt Bergner soll die 50-jährige Bundestagsabgeordnete Heike Brehmer Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl sein; statt Schnellhardt soll der 33-jährige Landeschef der Jungen Union, Sven Schulze, auf Platz eins für die Europawahl kandidieren. Bestätigt der Parteitag diese Vorschläge, droht den Altvorderen die Polit-Rente: Bergner kann kaum hoffen, direkt gewählt zu werden. Und die Europawahl ist ohnehin eine Listenwahl. Bei beiden Wahlen wird jeweils - wenn überhaupt - nur der erste Listenplatz ziehen.
Enorme Fallhöhe
Besonders für Bergner ist die Fallhöhe enorm: Der ehemalige Ministerpräsident und frühere CDU-Bundesvize ist als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium und Ost-Beauftragter der Bundesregierung der ranghöchste heimische Christdemokrat in der Bundespolitik. Er hat sich mit seiner Degradierung abgefunden oder tut zumindest so. „Es gibt in der Politik keine Erbhöfe. Wir müssen als Partei auch sehen, dass wir jüngere Leute nach vorne bringen“, sagte Bergner der MZ. Bisher ist er dreimal auf dem Listenplatz eins in den Bundestag eingezogen. 2009 zog der zweite Platz nicht. Und die Chancen, diesmal direkt gewählt zu werden, sind nicht besonders groß. „Mir ist klar, dass das Risiko, nicht wieder gewählt zu werden, im Wahlkreis Halle für einen CDU-Kandidaten höher ist“, so Bergner. In Halle hat noch nie ein Christdemokrat gewonnen. Trotzdem versichert Bergner, hoch motiviert in die Kampagne zu gehen. Und auf Platz zwei könne er Heike Brehmer „effektiv unterstützen“. Bergner selbst muss freilich auch um den Trostplatz fürchten. Seine innerparteilichen Gegner wie die Landtagsabgeordneten aus dem Saalekreis Frank Bommersbach und Ralf Wunschinski werfen ihm vor, zu wenig im Wahlkreis präsent zu sein und zu wenig für Sachsen-Anhalt getan zu haben.
Angeblich überlegen gleich drei Kandidaten, Bergner den zweiten Listenplatz streitig zu machen: Uda Heller, Kees de Vries und Tino Sorge. Wobei der 38-jährige Sorge auf Nachfrage versichert, für einen vorderen Listenplatz nur dann zu kandidieren, wenn es ohnehin zu Kampfkandidaturen kommt. Offen will niemand Bergner am Zeug flicken. „Für meine Kontrahenten ist Platz zwei für mich noch zu weit vorn“, sagt Bergner. Wen er als seine innerparteilichen Gegner identifiziert hat, will er nicht sagen.
Landesparteichef Thomas Webel transportiert indirekt Kritik. „Christoph Bergner soll auf dem Parteitag in drei bis fünf Minuten seine Arbeit als Ost-Beauftragter erläutern. Wir hatten das schon länger geplant, weil es Vorwürfe gibt, er kümmere sich nicht genügend um seinen Wahlkreis“, sagte Webel der MZ. Die Kritiker benennt auch er nicht, sagt aber: „Unter den Kreisvorsitzenden gibt es auch die Meinung, Bergner habe alles erreicht, er solle doch jetzt seinen Ruhestand genießen.“
Auf Distanz zu Bergner
Ähnlich äußert sich etwa der CDU-Kreischef aus dem Harz, der Landtagsabgeordnete Ulrich Thomas. „Wir müssen als Partei auch für jüngere Leute attraktiv bleiben – und zwar nicht nur zum Plakatekleben“, sagte er. Und: „Die Aufstellung der Listen zur Bundestags- und Europawahl ist ein klares Zeichen an die junge Generation.“
Die Zeichen stehen also auf Generationswechsel. Bergner gibt sich betont entspannt vor dem Landesparteitag in Möckern, der über seine politische Zukunft entscheidet. Er rechnet mit Kampfkandidaturen. „Ich sehe das gelassen, das ist dann eine demokratische Entscheidung.“
Auf eine Debatte, ob damit seine Arbeit in der Bundesregierung gering geschätzt werde, lässt sich Bergner nicht ein. Wertschätzung erhalte er schon. Kommende Woche erhält Bergner in der rumänischen Botschaft in Berlin den „Stern der Republik“ für seine Verdienste um die deutsche Minderheit in Rumänien und die deutsch-rumänische Zusammenarbeit. „Das ist so eine Art Bundesverdienstkreuz von Rumänien.“