Wenzelspreis Wenzelspreis : Laienschauspielverein Nebra wird gewürdigt

Nebra - Der tote König Heinrich winkt noch mal, als man ihn davonträgt. Gut so, denn nun ist der kleine Benjamin Freihofer beruhigt. Der Steppke nämlich war in Tränen ausgebrochen, als sein Opa Wolfgang Breuer als Heinrich der Vogler auf der Bühne verschied, wie es das Stück des Nebraer Laienschauspielvereins der Überlieferung gemäß vorsah.
Eine von mancherlei Anekdoten, die Doris Brünner aus zwei Jahrzehnten Nebraer Theatertradition zu berichten weiß. Heute werden die Hobbyschauspieler mit dem Wenzelspreis von Naumburger Tageblatt/Mitteldeutsche Zeitung ausgezeichnet.
Der Laienschauspielverein 1998 Nebra prägt das kulturelle Leben der Stadt sei zwei Jahrzehnten und gibt diesem - über Feuerwehr, Fußball und Karneval hinaus, die hier natürlich auch wichtig sind - etwas Besonderes. Zumal sich Laienschauspiel in dieser Kontinuität und unter so breiter Mitwirkung von Alt und Jung in der Region nirgendwo anders findet.
Das Laienschauspiel in Nebra begann vor 20 Jahren mit dem Historienstück „Die Schweden“. Zum Jubiläum „1000 Jahre Weinbau an Saale-Unstrut“, das in der Region begangen wurde, sollte auch das Nebraer Weinfest Außergewöhnliches bieten. Sabine Reich, damals Bürgermeisterin, hatte das alte Schauspiel „Die Schweden kommen“ aufgespürt. Das war 1936 aus Anlass des 400-jährigen Bestehens der Nebraer Schützengilde von einem Lehrer geschrieben und im gleichen Jahr aufgeführt worden. Älteren Nebraern war das in Erinnerung.
Das Stück wurde von Dietmar Luther, bis heute der Hausautor der Truppe, völlig überarbeitet. Darsteller wurden gesucht, Bühnenbilder und Kostüme angefertigt, es wurde mit Fleiß und Ausdauer geprobt. Doch zum Weinfest regnete es in Strömen. Der Auftritt fiel ins Wasser. Es hat Frust und Tränen gegeben, erinnert sich Doris Brünner. Der nächste Tag jedoch brachte Sonnenschein und „Die Schweden“ - wie das Stück nun hieß - wurden ein voller Erfolg. Zu beiden Aufführungen, nachmittags und abends, war der Markt übervoll. Einige Enthusiasten schlugen die Gründung eines Schauspielvereins vor, der sich ein Jahr später mit 25 motivierten Amateuren und unter Vorsitz von Doris Brünner formierte. Das Weinfest in Nebra ist inzwischen still eingeschlafen, der Laienschauspielverein aber ist noch immer aktiv. 56 Stücke hat er inzwischen aufgeführt. Meist sind es drei pro Jahr: Eines für Kinder im Umfeld des Kindertages im Juni, ein Historienstück für Erwachsene am letzten Augustwochenende und ein weihnachtliches Stück für Kinder zum Nebraer Weihnachtsmarkt.
Dass sie so lange durchgehalten haben, darüber freuen sich die Akteure natürlich, und es erstaunt sie mitunter selbst nicht wenig. Rund 35 Mitglieder hat der Verein heute. „Die meisten der Gründer sind noch immer dabei“, sagt die Vereinsvorsitzende und nennt stellvertretend Dietmar Luther, Edwin Brünner, Wolfgang Breuer, Christel Zwanzig, Roswitha Hartmann, Hartmut Wurzbacher und Steffen Baum. Die alten Mimen halten dem Verein die Treue. Schwieriger ist es für die jüngeren, die Lehre, Studium und später der Beruf in die Ferne führen. Auch deshalb sind dem Verein seine Kinderaufführungen wichtig. In den Stücken bekommt der Nachwuchs seine ersten Rollen und mancher entdeckt in sich die Neigung und auch ein Talent zum Theaterspiel.
Auch bei Benjamin Freihofer war das so. Der heute 23-Jährige weiß nun, dass ein schöner Bühnentod durchaus seine Reize hat. Und er hat da auch schon eigene Erfahrung gesammelt. Im vorigen Jahr nämlich hat der Verein die wohl bekannteste Sage um die Freyburger Neuenburg in Szene gesetzt, und Benjamin hat als Landgraf Ludwig dem Pfalzgrafen Friedrich höchstselbst das von der Sage überlieferte blutige Ende bereitet.
Autor Dietmar Luther - soviel Lokalpatriotismus sei dem Nebraer gern zugestanden - hat in seiner Inszenierung der alten Sage übrigens herausgearbeitet, dass die Neuenburg womöglich nie gebaut worden wäre, wenn Ludwig die schöne Adelheid, die Erbin des „Bauplatzes“ in strategisch günstiger Lage, nicht zu einem Fest auf der Burg in Nebra kennengelernt hätte.

