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Ausstellung Von Zorbau bis Usedom - Maler kehrt nach Weißenfels zurück

Ein Junge wächst nach dem Krieg bei Weißenfels als Pflegekind auf, macht Karriere bei der Marine und wird Maler. Wieso seine Bilder jetzt ausgestellt werden.

Von Franz Ruch 08.10.2021, 16:32
Martin Müller, Vorsitzender des Zorbauer Angervereins, steht an den Gemälden von Hans Seifert. Diese hängen aktuell in der Ausstellungsscheune des Heimatvereins und sind bei der nächsten Veranstaltung Anfang Oktober zu sehen.
Martin Müller, Vorsitzender des Zorbauer Angervereins, steht an den Gemälden von Hans Seifert. Diese hängen aktuell in der Ausstellungsscheune des Heimatvereins und sind bei der nächsten Veranstaltung Anfang Oktober zu sehen. (Foto: Franz Ruch)

Zorbau/MZ - Als Hans Seifert vor fünf Jahren das erste Mal wieder den Kontakt in seine alte Heimat gesucht hat, begann eine Spurensuche. „Wir haben erstmal gar nicht gewusst, wer das war“, erinnert sich Martin Müller, Vorsitzender vom Zorbauer Angerverein, an den sich Seifert gewandt hatte. Zu viele Jahre sind seit den 1950ern vergangen und viele der einstigen Wegbegleiter schon verstorben oder weggezogen. „Bei einem Besuch bei ihm an der Ostsee habe ich dann erkannt, dass Hans Seifert ein ehemaliger Spielkamerad meines Bruders ist“, sagt Müller. „Da war die Freude natürlich groß. Wir hatten ihn immer ,Sengewald Hänschen’ genannt.“

Heute ist das „Sengewald Hänschen“ 82 Jahre alt, wohnt in Karlshagen auf Usedom und ist leidenschaftlicher Maler. Seinen Spitznamen bekam Hans Seifert, weil er bei der Familie Sengewald in Zorbau als Pflegekind aufgewachsen ist. Ursprünglich in der Nähe von Zeitz geboren, wurde er mit zwei Jahren seiner Mutter entrissen und in den heutigen Lützener Ortsteil gebracht.

„Ich dachte, es handelt sich um eine ärztliche Schuluntersuchung.“

Dass er seine leiblichen Eltern bis dato nie kennengelernt hatte, habe er erst in der Schule in Gerstewitz erfahren. „Es standen plötzlich zwei Frauen in der Tür, eine schwarzhaarige und eine blonde“, erinnert sich Seifert im Telefongespräch mit der MZ. „Ich dachte, es handelt sich um eine ärztliche Schuluntersuchung.“ Doch stattdessen standen seine leibliche Mutter und seine Tante vor ihm. „Das war schon ein Schock. Ich hatte meine Mutter nie kennengelernt und mein Vater war früh im Krieg gefallen.“

Die Werke von Hans Seifert können beim Angerverein erworben werden.
Die Werke von Hans Seifert können beim Angerverein erworben werden.
(Foto: Franz Ruch)

Viel Zeit zum Kennenlernen blieb nicht: Nach einem Umzug nach Luckenwalde (Brandenburg), wo seine Mutter eine neue Arbeit fand, ging Hans Seifert mit 17 Jahren zur Marine - und machte dort Karriere. „Vom Matrosen bis zum Fregattenkapitän habe ich alle Dienstgrade durchlaufen. Das Meer hat mich schon immer gereizt“, sagt er. In seinen 33 Dienstjahren - 25 als Aktiver und acht als Zivilist - sei er unter anderem mit Minenleg- und Räumschiffen bei der Volksmarine unterwegs gewesen. Ständige Begleiter waren dabei Stift und Papier. „Solange ich denken kann, male ich“, sagt Seifert. Bei der Marine leitete er Kunst-Zirkel sowie das Kulturhaus in Peenemünde und stellte seine Werke unter anderem in Rostock, St. Petersburg oder Warschau aus.

„Ich habe gerade in der Corona-Zeit unheimlich viel gemalt“

Auch heute lässt Seifert den Pinsel nicht ruhen: „Ich habe gerade in der Corona-Zeit unheimlich viel gemalt. Die Landschaft hier ist wahnsinnig schön“, sagt er. Zuletzt sind hauptsächlich Küstenmotive aus seiner neuen Heimat entstanden. So malte er etwa den Strand von Zempin, Fischerboote vor Zinnowitz oder die Küste von Ückeritz.

Der Maler und ehemalige Fregattenkapitän bei der Marine, Hans Seifert, in seinem Atelier auf Usedom. Er wuchs als Pflegekind in dem Weißenfelser Ortsteil Zorbau auf und stellt jetzt beim hiesigen Heimatverein einige seiner Werke aus.
Der Maler und ehemalige Fregattenkapitän bei der Marine, Hans Seifert, in seinem Atelier auf Usedom. Er wuchs als Pflegekind in dem Weißenfelser Ortsteil Zorbau auf und stellt jetzt beim hiesigen Heimatverein einige seiner Werke aus.
(Foto: Schoknecht/Maier)

Aktuell hängen 22 seiner Aquarelle fernab der Küste, in der Ausstellungsscheune des Zorbauer Angervereins. Seifert stellt sie hier aus und bietet sie auch zum Verkauf an. Ein Teil des Erlöses soll dem Verein und so seiner alten Heimat zugutekommen.

Der Heimatverein Zorbau lädt zu seiner nächsten Veranstaltung am Freitag, 8. Oktober, um 18 Uhr in die Ausstellungsscheune, Straße der Freundschaft 17a, ein. Der Teucherner Imkerverein hält einen Vortrag über die Honigbiene.