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Sonderbus nach Theißen Sonderbus nach Theißen: Globus Markt holt Senioren zum Einkauf ab

Von Klaus-Dieter Kunick 19.04.2016, 06:59
Im Einkaufswagen von Winfried Taumer, der in Prittitz wohnt, liegen unter anderem Blumen, Fisch und Käse.
Im Einkaufswagen von Winfried Taumer, der in Prittitz wohnt, liegen unter anderem Blumen, Fisch und Käse. Michael Thomé

Prittitz/Theissen - 53 Minuten ist der Bus insgesamt unterwegs. Am Freitagvormittag startet er in Weißenfels in der Mozartstraße und bringt Einkaufswillige nach Theißen zum Supermarkt. Das Fahrzeug füllt sich nach und nach. In Prittitz steigt unter anderem Winfried Taumer zu. „Jede Woche fahren wir zu Globus“, erzählt der Senior. Immer freitags.

Es geht weiter über Gröbitz, Stößen und Teuchern. In Luckenau fährt der Bus bereits, als der Fahrer eine Frau sieht, die angerannt kommt. Der Bus hält, die Frau kann in Ruhe zusteigen. Es ist ihr anzusehen, dass sie sich über den Fahrer freut, der kein Problem damit hatte, sie noch mitzunehmen. Zwei Frauen, die das mitbekommen, reden darüber: „Das macht nicht jeder Fahrer“, sagt eine von ihnen.

25 Fahrgäste, die meisten sind ältere Frauen, sitzen mittlerweile in den Polstern. Einige sind ganz in sich versunken, andere scheinen vor sich hin zu dösen und wieder andere schwatzen unaufhörlich über Gott und die Welt - ihr Mund scheint nicht zur Ruhe zu kommen.

In Theißen am Markt angekommen, eilen die meisten Fahrgäste rasch zu den Einkaufswagen. Eilig habe er es jedoch nicht, sagt Taumer. Es bleibe genügend Zeit, in Ruhe einzukaufen. In seinem Wohnort gebe es zwar Einkaufsmöglichkeiten, aber „mal von zu Hause rauskommen, ist auch ganz schön“, fügt der Senior hinzu. Auf alle Fälle werde Fisch gekauft, die Familie zähle nämlich zu den „Fisch-Essern“. Hier in Theißen gebe es ein wunderbares Fischangebot, bei dem er jede Woche zugreift. Nur eine Sushi-Bar fehle. „Drüben“, in den alten Bundesländern, sei das überall zu finden, nur hier im Osten nicht. Und noch etwas störe: Nur bis 10 Uhr gelte das günstige Frühstücksangebot, aber der Bus kommt ja erst um 10.15 Uhr an.

Baut Globus Busliniennetz aus?

Diesem Gedanken widmet sich Manuela Fränzel, die Geschäftsleiterin von Globus. „Wir prüfen das ernsthaft, vielleicht können wir das verlängern“, sagt sie. Weniger optimistisch zeigt sie sich hingegen beim Thema Sushi-Bar. Die Nachfrage halte sich in Grenzen, so Manuela Fränzel.

Sie erklärt, dass derzeit elf Buslinien bestehen, die Kunden heranbringen. Bis hinein ins sächsische Groitzsch reiche die Tour. „Angefangen haben wir vor gut 20 Jahren mit drei Buslinien“, berichtet sie. „Wir haben schon damals überlegt, wie wir gerade den älteren Menschen auf dem Land entgegenkommen können, die nicht flexibel sind“, so die Geschäftsleiterin. Dass das Liniennetz so ausgedehnt werde, habe man in den 1990er Jahren nicht ahnen können. „Aber es stimmt schon, vorwiegend kommen Senioren in den Bussen zu uns, mitunter auch Mütter mit Kleinkindern “, erzählt sie.

Markt als sozialer Treffpunkt

Zu den Fahrgästen gehört beispielsweise auch eine Frau aus Luckenau. Zweimal in der Woche nutze sie den Bus. Und was kauft sie ein? Nichts, sie laufe umher und habe Spaß daran. Ihren Namen gebe sie aber nicht preis. Das will auch ein älteres Ehepaar nicht, dass ebenfalls mit dem Bus angereist war. „Wer auf dem Land nicht mobil ist, hat ein Problem“, sagt der Ehemann. „Und dann sehen manche Dörfer eben wie ausgestorben aus“, ergänzt seine Frau. Dort möchte sie um nichts in der Welt begraben sein, wo sich die Füchse Gute Nacht sagen. „Na ja, was sollen die Menschen aber machen?“, sagt sie.

Dass die Leute herauskommen, genau das sei ein Anliegen von Globus, so Manuela Fränzel. „Wir werden liebevoll auch als ,Landwarenhaus’ bezeichnet. Für viele, die mit dem Bus kommen, ist der Einkauf hier bei uns ein Erlebnis“, fährt sie fort. Nicht nur ums Besorgen von Lebensmitteln gehe es, etliche lassen ihre Textilien reinigen, gehen zum Friseur oder in die Apotheke. Und dazu gehöre eben auch, dass man hier Freunde und Bekannte trifft, die man lange nicht gesehen hat, mit denen man erzählen kann.

Als Winfried Taumer kurz vor der Abfahrt des Busses seinen Einkaufswagen in Richtung Ausgang schiebt, hat er alles drin, was gebraucht wird, sagt er. „Natürlich auch Fisch, es gibt Forelle.“ Es sei wieder schön gewesen, zum Schluss habe man sich noch einen Kaffee gegönnt. Nun geht es wieder zurück nach Prittitz. Bis nächsten Freitag, wenn wieder Theißen ihr Ziel ist, der Globus-Markt. (mz)

Alle Fahrgäste wissen, wohin die „Reise“ geht.
Alle Fahrgäste wissen, wohin die „Reise“ geht.
Michael Thomé