Rückkehr aus Leipzig Rückkehr aus Leipzig: Warum zwei Frauen in den Burgenlandkreis zurückkehrten

Weißenfels/Hohenmölsen - Die Geschichten von Carolin Hillner (34) und Tanja Schumann (30) ähneln sich auf erstaunliche Weise. Beide sind im Burgenlandkreis geboren, aufgewachsen und haben ihr Abitur hier gemacht - Carolin Hillner in Weißenfels, Tanja Schumann in Hohenmölsen. Carolin Hillner ist dann zunächst zum Germanistik-Studium nach Jena, später nach Halle und dann nach Leipzig gezogen.
Tanja Schumann hat in Meißen Verwaltungswissenschaft studiert, ist anschließend in die Großstadt gezogen. Beide haben einen Arbeitsplatz in Leipzig. Carolin Hillner arbeitet für eine Produktionsfirma, Tanja Schumann für die Stadtverwaltung. Und doch sind beide zurück in ihre Geburtsstädte gezogen - auch das zum gleichen Zeitpunkt, nämlich im Oktober vergangenen Jahres.
„Außer man möchte in der Nähe des Flughafens wohnen“
Ebenso ähneln sich die Gründe, die die beiden jungen Frauen dazu bewogen haben. Nachdem sie ihre Freunde und heutigen Ehemänner gefunden haben, bekamen sie ein Kind, beziehungsweise im Falle Carolin Hillners Zwillinge, dann kam der Wunsch nach einem eigenen Haus. Aber in Leipzig? Dort seien die Preise zu hoch, das Angebot zugleich zu gering, sagen beide übereinstimmend. „Außer man möchte in der Nähe des Flughafens wohnen“, bemerkt Tanja Schumann.
In den Städten des Burgenlandkreises sind die Preise für Grundstücke sowie die Bauzinsen niedriger. Und so ging es mit Kind und Kegel zurück. „Wir haben ein Haus in unserer Wunschgegend gefunden und fühlen uns hier von Tag zu Tag wohler“, sagt Carolin Hillner. Mit „wir“ meint sie auch ihren Gatten. „Mein Mann kommt aus Hohenmölsen, also war es kein Problem für ihn, nach Weißenfels zu ziehen. Einen Leipziger hätte ich vielleicht nicht dazu überreden können“, sagt Carolin Hillner lachend.
„Zunächst war es ein wenig komisch, wenn man die Großstadt gewohnt ist“
Bei Tanja Schumanns war das Überreden aber gar nicht so schwierig. Denn ihr Ehemann David Wenzke ist gebürtiger Leipziger. „Zunächst war es ein wenig komisch, wenn man die Großstadt gewohnt ist“, gesteht der 32-Jährige. „Aber ich kannte Hohenmölsen durch die Familie meiner Frau ja schon ein bisschen.“
Auch bei Carolin Hillner schwang zunächst ein wenig Wehmut mit, als sie die Großstadt verlassen hat. „Das habe ich nie auf dem Zettel gehabt. Leipzig war immer ein Sehnsuchtsort für mich“, sagt sie. „Als Jugendliche sind wir öfter zum Shoppen und Feiern dahin gefahren.“ Doch eine Großstadt biete eben nicht nur Vorteile. Neben den hohen Grundstückspreisen sei es dort auch schwierig, einen zeitnahen Arzttermin, ebenso wie einen Kita-Platz zu bekommen, so die Weißenfelserin.
Was sie nicht vermissen werden
Das sei sowohl in Weißenfels als auch in Hohenmölsen kein großes Problem. Und auch sonst bieten die beiden Städte günstige infrastrukturelle Bedingungen. „Schulen, Spielplätze, Einkaufsmöglichkeiten, eine Tankstelle; hier gibt es fast alles, was eine Familie braucht“, sagt David Wenzke. Fast alles? „Wir können nicht mal eben schnell ins Kino gehen“, ergänzt er, schränkt aber ein, dass sie aufgrund ihres kleinen Kindes sowieso lange kein Kino mehr besucht hätten.
Was sie hingegen nicht vermissen werden, bringt Tanja Schumann klipp und klar auf den Punkt: „Den ganzen Großstadt-Trubel!“ Dass er seine Familie in Leipzig nicht mehr so oft sehe, sei ein weiterer kleiner Negativpunkt, meint David Wenzke. Andererseits sei es auch nur „ein Katzensprung“ von Hohenmölsen nach Leipzig.
Ruckzuck auf der Bundesstraße B91
Das ist auch ein Grund, warum sowohl Carolin Hillner als auch Tanja Schumann ihre Jobs in Leipzig behalten haben. Denn das Pendeln sei kein großes Problem. Von ihrer Wohngegend aus sei sie ruckzuck auf der Bundesstraße 91, die wiederum schnell auf die Autobahnen 38 und 9 führt, sagt Carolin Hillner, die in der Leipziger Südvorstadt arbeitet.
Tanja Schuman hat es ein bisschen weiter, arbeitet sie doch im Zentrum der Großstadt. Musste sie bereits, während sie noch in Leipzig gewohnt hat, acht Kilometer Arbeitsweg zurücklegen, sind es jetzt rund 40 Kilometer. Deshalb wünscht sie sich, dass die Verbindungsstraße zwischen Hohenmölsen und Lützen und somit auch zur Autobahn 38 schnellstmöglich fertiggestellt wird. Der relativ lange Arbeitsweg ist jedoch das einzige, was sie an ihrem Umzug zu kritisieren hat.
Weißenfelser zu pessimistisch
Auch Carolin Hillner findet nur lobende Worte für ihre alte und neue Heimatstadt. „Weißenfels hat sich gewandelt. Natürlich gibt es noch einiges zu tun, aber es ist auch viel passiert, was beispielsweise die Stadtsanierung anbelangt.“ Damit kommt sie auch zu ihrem einzigen Kritikpunkt: Die pessimistische Haltung vieler Einwohner: „Diese Entwicklung fällt leider vielen Alteingesessenen nicht auf. Es wird oftmals eher das Negative als das Positive gesehen.“ Insofern sei es sogar von Vorteil, für einige Jahre woanders zu leben, denn so bekomme man einen neuen Blick auf den Heimatort.
Die jungen Rückkehrer sind indes ein Segen für die Städte, den Kreis und das Land, wirken sie doch dem derzeitigen Trend entgegen. „Sachsen-Anhalts Bevölkerung wird den Berechnungen zufolge in 20 Jahren die älteste in ganz Europa sein. So wird der Anteil der über 65-Jährigen von heute 24,2 auf 36 Prozent im Jahr 2030 steigen“, hieß es beispielsweise bereits 2015 in einem Demografiebericht des Statistischen Landesamts, auf den auch Carolin Hillner verweist.
››Der Landkreis möchte Rückkehrer unterstützen. Seit zwei Jahren veranstaltet er deshalb die Rückkehrermesse. Die nächste Auflage findet am 27. Dezember 2019 von 10 bis 13 Uhr in den Zeitzer Klinkerhallen statt. (mz)
