Opferhilfe Opferhilfe : Weißer Fleck im Weißen Ring

Naumburg - Im Burgenlandkreis hat es im vorigen Jahr nahezu 100 Raubstraftaten, 179 Wohnungseinbrüche und 611 Einbrüche in Kraftfahrzeuge gegeben. Insgesamt registrierte die Polizei 13043 Straftaten - weniger als im Jahr davor, auch wurde mehr als jede zweite Straftat aufgeklärt -, womit es auch zumindest ebenso viele Kriminalitätsopfer und Geschädigte gegeben hat.
Polizei und Justiz, die sich einer Straftat annehmen, haben naturgemäß vor allem diese im Blick, weniger die Folgen, die Opfern und Geschädigten daraus erwachsen. Da bleiben diese nicht selten auf sich allein gestellt. Diese Lücke können die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Opferhilfsorganisation „Weißer Ring“ zumindest teilweise ausfüllen.
Auch auf dem Territorium des heutigen Burgenlandkreises gibt es seit 19 Jahren eine Außenstelle dieses Vereins. Sie ist damals im einstigen Kreis Weißenfels auf Initiative von Ronald Tenner aus Lützen gegründet worden. Während sich der Verein in den Raum Zeitz längst vorgearbeitet hat, ist der Raum Naumburg-Nebra, in dessen Altkreisen es Außenstellen des Weißen Ringes nicht gab, auf der Vereinskarte weiterhin ein „weißer Fleck“. „Wir würden gern auch Opfern von Straftaten und Geschädigten aus Orten westlich von Naumburg beistehen, sind dort aber personell nicht präsent und deshalb auch weniger bekannt“, sagt Jörg Bethmann. Der Polizeibeamte im Ruhestand ist seit einiger Zeit ehrenamtlich für die Hilfsorganisation tätig. „Auch weil ich aus meinem Berufsleben weiß, dass Kriminalitätsopfer Hilfe brauchen“, so Bethmann. Zum Beispiel zahlt bei einem Wohnungseinbruch die Versicherung, wenn alles gut geht, das Gestohlene, mit der psychischen Belastung durch die Tatsache, dass sich jemand Zutritt in den eigenen Rückzugsbereich verschafft hat, muss der Geschädigte selbst klar kommen. Und auf Vandalismusschäden bleibt er, wenn er nicht die richtige Versicherung hat, womöglich auch sitzen.
„Wir können Opfer solcher, aber auch ganz anderer Straftaten unterstützen“, sagt Bethmann. Das beginnt mit menschlichem Beistand, den mancher vielleicht im näheren persönlichen Umfeld oder gar der Familie nicht findet. Die Ehrenamtlichen bieten auch persönliche Begleitung an, etwa zu Terminen bei der Polizei oder beim Gericht. „Ein Anwalt konzentriert sich auf die juristischen Aspekte einer Straftat, wenn man jemanden an seiner Seite hat, der emotionalen Beistand leistet, kann das sehr hilfreich sein“, weiß Bethmann.
Zudem kann die Hilfsorganisation Gutscheine für eine anwaltliche Erstberatung oder für eine psychologische Erstbetreuung ausstellen. In besonderen Fällen sind finanzielle Hilfen möglich, etwa zur Finanzierung des Anwalts oder zur Überbrückung von Notsituationen, in die jemand durch eine Straftat geraten ist.
„Ich möchte eventuelle Kriminalitätsopfer, die im westlichen Teil des Kreises wohnen, ausdrücklich ermuntern, sich an uns zu wenden, wenn sie Hilfe brauchen“, sagt Bethmann. Zugleich würde er sich freuen, wenn sich Menschen fänden, die bereit sind, ehrenamtlich in der Opferbetreuung mitzuwirken. Das, erfordert ein gewisses Einfühlungsvermögen und die Bereitschaft, sich regelmäßig fortzubilden.
Die Hilfsorganisation finanziert sich aus Mitgliedsbeiträgen, die jedoch moderat sind, aus Spenden und zudem aus gerichtlich veranlassten Zahlungen, die Täter zur Wiedergutmachung leisten müssen. Auf staatlich Zuschüsse hingegen verzichte der Verein, um seine Unabhängigkeit gegenüber der Politik zu wahren.