Neues Buch über Muck-Lamberty Neues Buch über Muck-Lamberty: Mann mit vielen Gesichtern

Naumburg - Er war Vegetarier, Abstinenzler, ein charismatischer Frauenschwarm und Anhänger der Freikörperkultur. Er benannte sich nach der bekannten Märchengestalt Wilhelm Hauffs. Friedrich Muck-Lamberty gilt als einer der prägendsten Köpfe der Wandervogel-, Reform- und Jugendbewegung. Gut drei Jahrzehnte hat er in Naumburg gelebt und gewirkt, ehe er 1951 in den Westen ging. „Er ist eine hochinteressante Persönlichkeit. Er ist es wert, sich intensiver mit ihm zu beschäftigen“, sagt Heidemarie Hecht.
Bereits Buch über Kirschfest geschrieben
Nach ihrem Buch über das Naumburger Hussiten-Kirschfest, 2015 erschienen, widmet sich die Journalistin und Autorin in ihrem neuen Werk dem Lebenskünstler, Handwerker und späteren Unternehmer. Den Anstoß gaben Beiträge über das Tanzen und Muck-Lambertys Tanzschar. Die 75-Jährige recherchierte in den Stadtarchiven von Naumburg und Erfurt sowie im Archiv der deutschen Jugendbewegung auf der Burg Ludwigstein im hessischen Witzenhausen.
Und sie kam ins Gespräch mit einer Naumburgerin, die den Lebemann noch persönlich kannte. „Sie hat leuchtende Augen bekommen, als sie zu erzählen begann. Sie nannte ihn geistreich und unterhaltsam“, so Heidemarie Hecht. Ihr Band enthält zudem Erinnerungen von Muck-Lambertys Enkel Ingo Lamberty sowie ein Schlusswort von Jens-Fietje Dwars, der für das Lektorat und die Gestaltung verantwortlich zeichnete. Zahlreiche Zeitdokumente begleiten die Texte.
Eine Person mit Widersprüchen
Mit seinem Untertitel verweist das Buch auf einen Widerspruch: „Ein völkischer Freigeist“ heißt es da. Bereits in den 1920er-Jahren vertrat Muck-Lamberty völkische Ansichten, später sympathisierte er mit den Nationalsozialisten, ohne ihnen wirklich anzugehören. „Er soll im Gefängnis gewesen sein. Und er half entlassenen KZ-Häftlingen, indem er ihnen Arbeit gab. Zu den Verbrechen der Nazis hat er sich nie geäußert“, erzählt die Autorin, die seit 1999 in Naumburg lebt. „Er war absolut kein Held, aber er ist immer bei sich geblieben.“
Nicht nur in seinen politischen Ansichten, in denen die Besinnung auf deutsche Traditionen und die Schaffung eines neuen Menschen im Mittelpunkt standen, offenbarte sich dieser Gegensatz. „Er pries immer das einfache Leben an, hat aber auch das andere durchaus sehr geschätzt“, bemerkt Heidemarie Hecht und erzählt eine Anekdote aus dem Leben des gebürtigen Straßburgers. Darin fährt Muck-Lamberty mit seinem Mercedes vor ein Hotel. Statt edler Lederschuhe trägt er solche aus Bast, in die er Stroh gestopft hat. „Man sollte ihn heute nicht undifferenziert als Heiligen ansehen, sondern gerade die Widersprüche in seiner Person betrachten“, sagt die Autorin.
„An alle Lebendigen. Friedrich Muck-Lamberty. Ein völkischer Freigeist“ von Heidemarie Hecht (174 Seiten, 16,90 Euro) ist im quartus-Verlag erschienen. Erhältlich ist das Buch im Buchhandel sowie ab Mitte kommender Woche in der Tageblatt/MZ-Geschäftsstelle.